Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2019; 54(09): 549-558
DOI: 10.1055/a-0725-7577
Topthema
CME-Fortbildung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Maligne Hyperthermie: pharmakologische Therapie – Update 2019

Pharmacological Treatment of Malignant Hyperthermia: Update 2019
Frank Schuster
,
Stephan Johannsen
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Publication History

Publication Date:
16 September 2019 (online)

Zusammenfassung

Die maligne Hyperthermie (MH) ist eine subklinische, autosomal-dominant vererbte, pharmakogenetische Erkrankung der Skelettmuskulatur, die durch alle klinisch eingesetzten volatilen Anästhetika (Sevofluran, Desfluran, Isofluran) und das depolarisierende Muskelrelaxans Succinylcholin bei disponierten Patienten ausgelöst werden kann. Durch die Einführung von Dantrolen konnte die Sterblichkeit von vorher über 80% auf deutlich unter 10% reduziert werden. Zur initialen Therapie einer MH wird ein Bolus von 2,5 mg/kg Dantrolen bezogen auf das tatsächliche Patientengewicht verabreicht. Abhängig vom klinischen Verlauf muss dieser gegebenenfalls wiederholt werden. Teilweise sind wiederholte Dantrolen-Gaben bis 10 mg/kg/24 h für eine erfolgreiche Behandlung notwendig. Um im Notfall zeitnah therapeutische Maßnahmen einleiten zu können, wird in der deutschen S1-Leitlinie von 2018 die Bevorratung von 36 – 48 Ampullen Dantrolen 20 mg empfohlen. In Bereichen, in denen konsequent keine MH-Triggersubstanzen eingesetzt werden, kann auf eine Dantrolen-Vorhaltung verzichtet werden. Die Herstellung der injektionsfertigen Lösung ist aufgrund der schlechten Löslichkeit der Dantrolen-Trockensubstanz zeit- und personalintensiv. Ryanodex, eine nanokristalline Suspension von Dantrolen-Natrium, kann deutlich schneller gelöst werden und könnte bei der Therapie der MH eine effizientere Alternative darstellen.

Bei einer mutmaßlichen Maligne-Hyperthermie-Krise muss die Therapie zeitnah initiiert werden, um eine Schädigung des Patienten zu vermeiden. Durch die Einführung von Dantrolen konnte die Sterblichkeit von vorher über 80% auf deutlich unter 10% reduziert werden. Der Artikel stellt die pharmakologischen Eigenschaften der Substanz dar und weist auf potenzielle Fallstricke bei der Anwendung hin.

Abstract

Malignant hyperthermia (MH) is a pharmacogenetic disorder of skeletal muscle presenting as a hypermetabolic response to potent volatile anesthetics such as sevoflurane, desflurane, isoflurane and the depolarizing muscle relaxant succinylcholine. Following introduction of the hydantoin derivative dantrolene, the previously high mortality of fulminant MH episodes could be reduced from > 80% to less than 10%. For treatment of MH an initial intravenous bolus of 2.5 mg/kg dantrolene based on the actual body weight should be applied. If symptoms are not improving after the initial dose, up to 10 mg/kg dantrolene can be necessary within the first 24 h. In facilities where MH triggering anesthetics and depolarizing muscle relaxants are administered, at least 36 – 48 vials of dantrolene 20 mg should be stocked according to the recent German S1 guideline on MH. If none of these agents are ever used in the facility, the stockage of dantrolene is dispensable. Since dantrolene is not easily dissoluble, preparation requires time and manpower. Due to its pharmacological characteristics, ryanodex, a modern nanocrystalline dantrolene sodium suspension, might be a promising alternative in the treatment of MH.

Kernaussagen
  • Sofortige Beendigung der Zufuhr von MH-Triggersubstanzen und zeitnahe Dantrolen-Gabe sind wesentliche Eckpfeiler einer erfolgreichen MH-Therapie.

  • Für die Initialtherapie werden 2,5 mg/kg Dantrolen bezogen auf das tatsächliche Patientengewicht empfohlen.

  • Abhängig vom klinischen Verlauf muss Dantrolen ggf. wiederholt infundiert werden. In Einzelfällen kann eine Dosierung von 10 mg/kg/24 h notwendig sein.

  • Die aktuelle S1-Leitlinie empfiehlt eine Bevorratung von mind. 36 Ampullen Dantrolen mit je 20 mg in Bereichen, in denen MH-Trigger eingesetzt werden.

  • In operativen Einheiten, in denen konsequent auf die Anwendung von Triggersubstanzen verzichtet wird, ist eine Dantrolen-Vorhaltung nicht zwingend notwendig.

  • Ryanodex ist deutlich schneller aufzulösen und könnte bei der Behandlung der MH eine vielversprechende therapeutische Alternative darstellen.