Krankenhaushygiene up2date 2020; 15(01): 63-74
DOI: 10.1055/a-0992-3762
Infektiologie

Rückkehr aus den Tropen und Subtropen: Risiko der Kolonisation mit ESBL-Bildnern

Jan Walter
,
Christoph Lübbert

Subject Editor: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Tim Eckmanns, Berlin.
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Insbesondere Enterobakterien sind durch den Erwerb und die Verbreitung von Beta-Laktamasen mit erweitertem Spektrum („extended spectrum beta-lactamase“, ESBL), die Resistenzen gegen die meisten Beta-Laktam-Antibiotika verleihen, zunehmend unempfindlich gegen die meisten verfügbaren Erstlinien-Antibiotika geworden. ESBL-produzierende Enterobakterien haben inzwischen breite Bevölkerungsschichten erreicht, was nicht zuletzt durch die zunehmende Zahl an Fernreisen bedingt ist.

Kernaussagen
  • Insbesondere Enterobakterien sind durch den Erwerb und die Verbreitung von Beta-Laktamasen mit erweitertem Spektrum („extended spectrum beta-lactamase“, ESBL), die Resistenzen gegen die meisten Beta-Laktam-Antibiotika verleihen, zunehmend unempfindlich gegen Erstlinien-Antibiotika geworden.

  • Nicht zuletzt durch die immens große Zahl von Fernreisen ist eine zunehmende Zahl von Menschen von einer Reise-assoziierten Kolonisation durch ESBL-produzierende Enterobakterien betroffen.

  • Aus Asien und insbesondere den Ländern des indischen Subkontinents kommende Reisende weisen ESBL-Importraten von bis zu ca. 90 % auf. Nicht ganz so hoch waren die Raten bei Reisen nach Afrika oder in den Nahen Osten.

  • Die hohe Kolonisationsrate von Fernreisenden mit ESBL-bildenden Enterobakterien hat mehrere klinische Konsequenzen:

    • Eine Antibiotikatherapie von leichten und moderaten Episoden einer Reisediarrhöe ist nicht gerechtfertigt. Dies ist nur bei schweren Verläufen mit hohem Fieber, Blutabgängen oder starken Tenesmen zu vertreten (obwohl auch bei milderen Verläufen die Diarrhöe-Dauer durch Antibiotika abgekürzt wird).

    • Insbesondere immunsupprimierte Patienten müssen bei Reisen auf die Gefahr einer ESBL-Kolonisation und mögliche nachfolgende Infektion hingewiesen werden.

    • In der reisemedizinischen Beratung sollten Antibiotika generell nicht vorsorglich verschrieben und auf die Reise mitgegeben werden. Von einer eigenständigen Einnahme von Antibiotika bei nur leichten oder moderaten Episoden von Reisediarrhöe sollte abgeraten werden.

  • Durch internationale Reisen erhöht sich über die Kolonisation mit ESBL-Bildnern das Risiko, eine klinisch relevante Infektion durch diese(n) Erreger zu erleiden, deren antibiotische Behandlung durch Resistenzbildung erschwert ist.

  • Nach der Reise scheint die Dauer der ESBL-Besiedelung relativ kurz zu sein, eine niederländische Studie zeigte eine spontane Dekolonisation im Median nach 1 Monat.



Publication History

Article published online:
11 March 2020

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