Pneumologie 2009; 63(3): 129-130
DOI: 10.1055/s-0028-1119600
Editorial

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Pneumologie im Wandel der Zeit: Rückblick auf die ersten 50 Tagungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)

Pneumology Over the Course of Time: Looking Back at the First 50 Conferences of the German Society for PneumologyH.  Teschler1
  • 1Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
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Publication Date:
03 March 2009 (online)

Das Jahre 2009 ist mit Fug und Recht ein Jubiläumsjahr der Superlative: Gleich drei der größten Komponisten werden gefeiert. Felix Mendelssohn Bartholdy und Friedrich Schiller feiern runde Geburtstage (200 bzw. 250), die Todestage von Joseph Haydn und Georg Friedrich Händel jähren sich auch zum 200. bzw. 250. Mal.

Im Februar 2009 wurde weltweit der Geburtstag von Charles Darwin, dem wohl bedeutsamsten Biologen aller Zeiten, zum 200. Mal gefeiert. Und wir feiern mit, denn die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie blickt auf die ersten 50 Tagungen in ihrer Geschichte zurück. Dies war Anlass für unsere Ehrenmitglieder Nikolaus Konietzko, Rainer Dierkesmann, Robert Kropp, Robert Loddenkemper und Bernhard Wiesner mit redaktioneller Unterstützung von Vera Seehausen kritisch Rückschau zu halten und die wechselhafte Geschichte der Tagungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) schlaglichtartig zu betrachten. In ihrem Rückblick in dieser Ausgabe der „Pneumologie” spannen sie einen weiten Bogen von der Vorgeschichte und Gründung (1925) über die Vorkriegsjahre und NS-Zeit, den Neubeginn nach dem zweiten Weltkrieg mit der Entwicklung von der Phthisiologie zur modernen Pneumologie bis hin zur Zeit der Neustrukturierung in den Jahren 1991 bis heute. Dieser Artikel soll dazu beitragen, die wechselhafte Geschichte der DGP in Erinnerung zu rufen, die sowohl von Licht als auch Schatten geprägt ist. Diesen Rückblick auf 50 Tagungen der DGP empfehle ich als „Pflichtlektüre” allen Kolleginnen und Kollegen, denen die deutsche Pneumologie am Herzen liegt. Einige Aspekte möchte ich aus meiner ganz persönlichen Sicht besonders herausheben:

Diese historische Zeitreise macht den engen Zusammenhang zwischen Zeitgeschichte und Entwicklung unseres Faches deutlich. Exemplarisch sei die demonstrative Wahl von Danzig als Gründungsort genannt, das damals – vom Reich abgetrennt – unter dem Mandat des Völkerbundes stand. 1926 fiel die Wahl auf Düsseldorf als ersten Tagungsort, kurz nachdem die Okkupation durch die Franzosen beendet war. Die Tuberkulose war nicht nur eine Geißel der Menschheit – nein, auch die verhängnisvolle (zu) enge Bindung unserer Gesellschaft an die Tuberkulose als einzige Krankheit und die darauf fußende Berufspolitik haben sich spürbar negativ auf die Weiterentwicklung unseres Fachgebietes ausgewirkt. Exemplarisch seien der Austritt aus der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und die Umbenennung vom Lungenarzt in Tuberkulosearzt genannt. Wertvolle Zeit ging verloren, bis dieser Irrweg verlassen und der angerichtete Flurschaden weitgehend repariert werden konnte. Zu den Schattenseiten unserer Historie zählen ohne Zweifel die Verstrickungen von Vertretern auch unseres Faches und unserer Gesellschaft in die Politik der dunklen Jahre des Nationalsozialismus.

Der rasante Fortschritt der grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse, der molekularbiologischen und bildgebenden Methoden, der technischen Fertigkeiten und der internistischen Intensivmedizin beschleunigten die Weiterentwicklung der Pneumologie als eigenständiges Fachgebiet mit universitärer Präsenz zwar im Ausland, leider aber nicht in Deutschland. Der dramatische Effekt der Umstrukturierung und Demokratisierung unserer Gesellschaft in den 1990er Jahren unter Einbeziehung der wissenschaftlichen Sektionen hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die DGP heute nicht nur als Wissens- und Wertegemeinschaft fungiert, sondern als kraftvoller Motor der medizinischen Entwicklung im Spektrum der Inneren Medizin etabliert ist.

Große Fortschritte wurden ferner bei der Entwicklung der Beziehungen zu anderen Gesellschaften gemacht. Dies gilt sowohl im Binnenverhältnis wie beispielsweise mit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie als auch im Außenverhältnis. So ist die DGP heute als eine der nationalen Gesellschaften fest in der European Respiratiory Society (ERS) vertreten.

Doch bleibt noch viel zu tun. Dass zahlreiche niedergelassene Pneumologen nicht Mitglied der DGP sind, schmerzt und sollte Anlass für gemeinsame Anstrengungen sein, diesen Kollegen den Weg in die DGP zu ebnen. Die Stärkung des Einflusses der deutschen Pneumologie in der ERS setzt voraus, dass mehr DGP-Mitglieder in die europäische Fachgesellschaft eintreten und aktiv mitwirken. Auch dafür müssen wir intensiv werben. Die DGP muss sich weiter professionalisieren, sich zu ökonomischen Rahmenbedingungen wie zu rechtlichen Vorgaben äußern und zu strukturellen Veränderungen Stellung beziehen, sofern diese die Weiterentwicklung der Pneumologie beeinträchtigen.

Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass die Pneumologie in Deutschland auf einem guten Wege ist. Davon zeugen insbesondere die steigende Zahl an Ausschreibungen für pneumologische Abteilungen an Universitäten, die Beteiligung der Pneumologie an Forschungsnetzwerken und im außeruniversitären Bereich die zunehmende Zahl pneumologischer Abteilungen als Ausdruck der notwendigen Spezialisierung innerhalb der Inneren Medizin. Die Beatmungsmedizin ist ein gutes Beispiel dafür, dass verloren geglaubtes Terrain erfolgreich zurückgewonnen und zukunftsweisend ausgebaut werden kann, wenn die Fachgesellschaft ihren Einfluss geltend macht.

Es werden noch Jahre vergehen, bis die Pneumologie in Deutschland den ihr gebührenden Rang unter den internistischen Disziplinen in Klinik, Forschung und Lehre eingenommen hat. Doch haben wir meines Erachtens den richtigen Weg eingeschlagen, dabei aus den positiven Entwicklungen und Fehlern der Vergangenheit gelernt und verstanden, dass die Vitalität einer Fachgesellschaft von den Aktivitäten ihrer Mitglieder und von deren Vernetzung im Inneren und nach außen bestimmt wird. Die Jahreskongresse sind ein lebendiges Beispiel dafür. Die Teilnehmerzahl wächst, die Qualität der Beiträge steigt und die mediale Präsenz nimmt stetig zu. Der Rückblick auf die hinter uns liegenden 49 Tagungen macht deutlich, dass wir unsere Lektionen gelernt haben und uns nun auf einem spannenden, vielversprechenden Weg in eine erfolgreiche Zukunft der DGP befinden. In diesem Sinne freue ich mich auf den diesjährigen 50. Kongress der DGP in Mannheim.

Prof. Dr. med. Helmut Teschler

Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
Ruhrlandklinik

Tüschenerweg 40
45239 Essen

Email: teschlerh@t-online.de