Klin Monbl Augenheilkd 2011; 228(2): 97
DOI: 10.1055/s-0029-1246034
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stellenwert von Augeninnendruck und Tonometrie beim Glaukom

Relevance of Intraocular Pressure and Tonometry in GlaucomaC. Erb1
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Publication Date:
15 February 2011 (online)

Vorwort

Zur klassischen Definition eines Glaukoms gehörte über 100 Jahre der über den statistischen Normbereich erhöhte Augeninnendruck. Dies hat sich grundlegend geändert, da durch epidemiologische Studien gezeigt werden konnte, dass auch bei „normalen” Augeninnendruckwerten ein Glaukom entstehen kann. Deshalb ist der erhöhte Augeninnendruck in der Definition des Glaukoms der European Glaucoma Society nicht mehr enthalten.

Trotz der Vielzahl bekannter Risikofaktoren für das Entstehen und für die Progression einer glaukomatösen Optikusneuropathie bleibt jedoch der am besten charakterisierte Risikofaktor der individuell erhöhte Augeninnendruck. Dies gilt auch für das Normaldruckglaukom, bei dem definitionsgemäß der Augeninnendruck innerhalb des Normbereichs von 10 – 21 mmHg liegt. Da der mittlere Augeninnendruck der Bevölkerung bei 15 mmHg liegt, sind Druckwerte von 18 – 21 mmHg im Einzelfall bereits zu hoch und können zu Sehnervenschäden führen.

Die Physiologie der Kammerwasserbildung sowie deren Einfluss auf die Höhe des Augeninnendrucks wird von Reitsamer et al. beschrieben. So zeigt sich, dass auch die Durchblutung des Auges einen bedeutenden Anteil an der Bildung des Augeninnendrucks hat. Hinzu kommt, dass der Augeninnendruck einer zirkadianen Rhythmik unterliegt. Deshalb ist das Berücksichtigen der Tagesdruckschwankungen von essenzieller Bedeutung und sollte ein fester Bestandteil der Glaukomdiagnostik sein, da abnorme Schwankungen per se zu einer beschleunigten Progression führen können (Beitrag von Göbel et al.). Für den Alltag besonders wichtig sind die verschiedenen Einflussgrößen auf die Applanationstonometrie, die von Rosentreter et al. vorgestellt werden. Diese Faktoren sind vielfältig und werden in der Routine oft übersehen. Als Beispiel ist das Valsalva-Manöver mit zum Teil erheblichen Druckanstiegen zu nennen, das zum Beispiel durch Luftanhalten beim Messen des Augeninnendrucks häufiger vorkommt und durch falsch zu hoch gemessene Druckwerte einen Einfluss auf die Therapie nehmen kann. Da in den letzten Jahren besonders die Auswirkung der Hornhautdicke auf die Applanationstonometrie diskutiert wurde, hat sich Böhm mit einem speziellen Beitrag diesem Thema gewidmet, um mehr Klarheit in diese Thematik zu bringen. Wenn auch die Frage noch offen ist, wie die Druckwerte zu korrigieren sind, so bleibt doch unbestritten, dass die individuelle Hornhautdicke bei einem Glaukompatienten bestimmt werden sollte, um diesen Risikofaktor besser einschätzen zu können. In diesem Sinne ist es auch interessant, die neueren Tonometrieverfahren zu beleuchten. Im Beitrag von Neuburger et al. werden die verschiedenen Messtechniken vorgestellt und deren Abhängigkeit von der Hornhautdicke diskutiert. Diese verschiedenen Verfahren werden kritisch bewertet, um deren klinischen Nutzen abschätzen zu können. Weitere wichtige Themen zur Tonometrie sind der Beitrag von Schild et al. mit einem Vergleich der Rebound- mit der Perkinstonometrie sowie die messtechnische Kontrolle für Impressionstonometer von Schwenteck et al.

Zusammenfassend zeigt sich derzeit viel Bewegung in der Glaukomdiagnostik, die gerade in der Augeninnendruckmessung in den letzten 15 Jahren einen rasanten Fortschritt durchlebt hat. Um einen Überblick zum „Augeninnendruck” – von der Physiologie bis zur Messtechnik – zu bekommen, haben wir es zum Hauptthema des diesjährigen Glaukomschwerpunkthefts festgelegt.

Carl Erb, Berlin

Prof. Dr. Carl Erb

Augenheilkunde, Schlosspark-Klinik

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