Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215(06): 234-240
DOI: 10.1055/s-0031-1291342
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwangerschaftserleben von Frauen mit schwangerschaftsinduzierter Hypertonie

Experience of Pregnancy for Women with Pregnancy-Induced Hypertension
M. Rauchfuß
1   Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik und Psychotherapie, Charité-Universitätsmedizin Berlin
,
J. Enderwitz
1   Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik und Psychotherapie, Charité-Universitätsmedizin Berlin
,
B. Maier
2   Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU)/Salzburger Landeskliniken (SALK), Salzburg
,
J. Frommer
3   Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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Publikationsverlauf

eingereicht 31. Mai 2011

angenommen nach Überarbeitung 20. September 2011

Publikationsdatum:
24. Januar 2012 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung:

Subjektives Schwangerschaftserleben einer Gruppe von Frauen mit schwangerschaftsinduzierter Hypertonie (SIH) wurde mit jenem von Frauen mit normalem Schwangerschaftsverlauf verglichen, um mögliche Ursachen und Hilfestellungen herauszufinden.

Material und Methodik:

Es handelt sich um eine retrospektive Untersuchung von 21 Frauen – 10 mit SIH und als Kontrollgruppe 11 mit unkompliziertem Schwangerschaftsverlauf – 5–13 Monate nach der Geburt ihres Kindes mithilfe eines Leitfadeninterviews zu ihrem Schwangerschaftserleben. Die Interviews wurden mithilfe qualitativer Textanalyse in ein Kategoriensystem hinein ausgewertet und die einzelnen Kategorien „Schwangerschaftsplanung“, „affektive Probleme“, „Bezugspersonen“, „Arbeit“ und „ambulante Betreuung“ fallübergreifend verglichen.

Ergebnisse:

In den Interviews der Frauen mit SIH kam eine deutlich konfliktreichere Schwangerschaft zum Vorschein. Die Schwangerschaft war häufiger ungeplant und unerwünscht. Auch während der Schwangerschaft kam es zu schweren Konflikten mit den engsten Bezugspersonen. Dabei fiel eine abgeschwächte Darstellung eigener Affekte auf. Die Mehrzahl der Frauen berichtete von einem tief gestörten Vertrauensverhältnis zu ihrem behandelnden Arzt.

Diskussion:

Wenngleich Stress und SIH in der Literatur schon in Zusammenhang gebracht worden sind und qualitative Forschung nur lebensweltlich-subjektive Evidenz zu Tage fördern kann, so ist diese dennoch der einzig mögliche Zugang zur emotionalen Lebenswelt von Frauen mit SIH, zu ihren Konflikten sowie ihrem eingeschränkten Ausdruck von Gefühlen. Nur ein offener Umgang mit den sich in der Schwangerschaft entwickelnden Konflikten und die Artikulation auch von negativen Gefühlen gegenüber Bezugspersonen wäre für die Patientinnen im Umgang mit den eigenen Affekten entlastend.

Schlussfolgerung:

Die Ergebnisse dieser qualitativen Studie haben praktische Konsequenzen für das Verständnis der Konflikte und die mangelnde emotionale Ausdrucksfähigkeit von Frauen mit SIH und ihre adäquate Betreuung.

Abstract

Background and Objective:

The experience of pregnancy for women with pregnancy-induced hypertension (PIH) is compared to the experience of women with a normal pregnancy course in order to gain insights into the development of PIH and possible strategies for prevention and care.

Patients and Methods:

This study was performed as a retrospective investigation of 21 women – 10 with PIH and as control group 11 with uncomplicated pregnancies  −  between 5 and 13 months after delivery by means of an interview relating to their experience of pregnancy. The interviews were evaluated by qualitative text analysis with categorisation. The specific categories “planning of pregnancy”, “affective complaints”, “significant others”, “work” and “out-patient care” were compared between cases.

Results:

The interviews with women with PIH revealed a significantly more conflict-shaken pregnancy, often unplanned and undesired. Also during pregnancy there were severe conflicts with relevant third persons. A weak expression of their emotions was observed. Additionally, the majority of women reported a rather disturbed relationship with their physicians.

Discussion:

Stress and PIH are intertwined. This is presented in the literature available about this subject. Qualitative research produces only contextual and subjective evidence, nevertheless this is the most concrete base that one can obtain. Only a readiness to deal with conflicts developing during pregnancy and the expression of also negative emotions towards relevant third persons would be helpful to cope with one’s own negative feelings.

Conclusions:

The practical impact on care for women with PIH is awareness for their underlying conflicts, weak emotional expressivity and provision of an adequate supply of psychological support.