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DOI: 10.1055/s-0034-1386882
Implementierung des „Rezepts für Bewegung“ durch niedergelassene Ärzte – Ausgewählte Ergebnisse einer standardisierten Befragung in Bayern
Hintergrund: Bewegungsmangel ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung und Progression von Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 und zahlreiche Krebserkrankungen. Die Förderung von körperlicher Aktivität ist deshalb Kernaufgabe der Prävention (Naci und Ioannidis 2013). Inspiriert von internationalen „Exercise is Medicine“-Initiativen wurde seit 2005 in mehreren Bundesländern und 2011 in Bayern das sogenannte „Rezept für Bewegung“ als innovative Präventionsmaßnahme eingeführt. Mit dem Rezept für Bewegung können niedergelassene Ärzte ihren Patienten gezielt die Teilnahme an entsprechend zertifizierten Bewegungsangeboten der lokalen Sportverbände verschreiben. Dadurch soll die Verbindlichkeit von ärztlicher Beratung zu körperlicher Aktivität für Patienten erhöht werden. Zur tatsächlichen Implementierung des Rezepts für Bewegung in der niedergelassenen Versorgung liegen bis heute keine quantitativen Daten vor. Ziel der Studie war deshalb, in einer Ärztebefragung in Bayern die Bekanntheit, Anwendung und Anwendungsbarrieren für das Rezept für Bewegung zu untersuchen.
Methodik: In der zweiten Jahreshälfte 2013 wurde eine Vollerhebung bei 2.837 niedergelassenen Ärzten aus 13 Facharztgebieten in den bayerischen Regierungsbezirken Oberpfalz und Niederbayern (je ca. 1,1 bzw. 1,3 Mio. Einwohner) durchgeführt. Mit einem standardisierten Fragebogen wurden Bekanntheit und Anwendung sowie Barrieren für eine (regelmäßige) Anwendung des Rezepts für Bewegung im Versorgungsalltag der Ärzte erfasst. Die Befragten, denen das Rezept bekannt war, konnten in einer Liste von 17 Likert-skalierten Items zu Anwendungsbarrieren die Wichtigkeit der jeweiligen Barriere angeben. Angelehnt an bisherige Forschung zu generellen Umsetzungsbarrieren in der niedergelassenen Praxis ließen sich die abgefragten Barrieren den Kategorien „Ärztliches Wissen“, „Ärztliche Einstellung“, „Patientenbezogene Barrieren“ und „Praktische Umsetzung“ zuordnen (Cabana et al. 1999). Die Daten wurden mit Hilfe von SPSS für Windows Version 20 deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: Es konnten Daten aus 923 Fragebögen (32,7%) in die Analyse eingeschlossen werden. Das Rezept für Bewegung war 26,4% (n = 244) der Ärzte bekannt. Von diesen stellen es 21,7% (n = 53) selten und 7,4% (n = 18)häufig bis sehr häufig in ihrer Praxis aus.
Als Anwendungsbarrieren wurden v.a. Gründe aus den Kategorien „Ärztliches Wissen“ und „Praktische Umsetzung“ genannt: Viele Befragte gaben an, nicht genug Informationen zum Rezept für Bewegung erhalten (60,7%, n = 148) oder eingeholt zu haben (56,9%, n = 139). 50,0% (n = 122) bemängelten ein limitiertes Angebot an lokalen Sportkursen und 40,6% (n = 99) die fehlende Zusage der Krankenkassen, anfallende Kosten für teilnehmende Patienten zu erstatten. 34,0% (n = 83) glauben nicht, mit dem Rezept für Bewegung körperlich inaktive Patienten zu erreichen (Kategorie „Ärztliche Einstellung“). Fehlende Vergütung (17,6%, n = 43) oder Zeit (17,2, n = 42) des Arztes und patientenbezogene Barrieren wie zu hohes Alter (10,2%, n = 25) oder mangelnde Sprachkenntnisse (4,5, n = 11) wurden seltener als Hindernisse für eine Nutzung des Rezepts genannt.
Diskussion: Informationsmangel, fehlende lokale Sportangebote mit dem entsprechenden Gütesiegel und Unsicherheiten bei der Kostenerstattung scheinen die wesentlichen Gründe dafür zu sein, dass die innovative Präventionsmaßnahme Rezept für Bewegung noch kaum in der niedergelassenen Versorgung in Oberpfalz und Niederbayern angewandt wird. Eine bessere Implementierung des Rezepts in den Versorgungsalltag könnte auf Basis dieser Erkenntnisse z.B. durch eine auf die Ärzteschaft abgezielte Informationskampagne, durch eine Ausbildungsoffensive für Übungsleiter bei Sportvereinen sowie durch Erstattungszusicherungen durch die Krankenkassen erreicht werden.