Psychother Psychosom Med Psychol 2015; 65(11): 426-433
DOI: 10.1055/s-0035-1555787
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychoedukative Gruppen für Angehörige von depressiv Erkrankten: Analyse des Informationsbedarfs durch eine Fokusgruppenuntersuchung

Psychoeducation for Relatives of Persons with Depressive Disorders: A Focus Group Study on Information Demands
Fabian Frank
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
,
Maria Hasenmüller
2   Fachbereich Public Health und Health Education, Pädagogische Hochschule Freiburg
,
Marga Kaiser
2   Fachbereich Public Health und Health Education, Pädagogische Hochschule Freiburg
,
Zivile Ries
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
,
EvaMaria Bitzer
2   Fachbereich Public Health und Health Education, Pädagogische Hochschule Freiburg
,
Lars Hölzel
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
› Author Affiliations
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Publication History

eingereicht 18 February 2015

akzeptiert 11 June 2015

Publication Date:
22 July 2015 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Depressive Störungen führen auch bei Angehörigen zu erheblichen Belastungen. Psychoedukative Angehörigengruppen können auf Angehörigenebene zur Belastungsreduktion sowie auf Ebene der erkrankten Personen zu verbesserten Krankheitsverläufen beitragen. Um die bedürfnis- und zielgruppenorientierte Entwicklung psychoedukativer Angehörigeninterventionen zu unterstützen, wurde der Informationsbedarf von Angehörigen von Personen mit depressiven Störungen untersucht.

Methoden: Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden 3 leitfadenbasierte Fokusgruppen mit insgesamt N=17 erwachsenen Angehörigen von Personen mit depressiven Störungen durchgeführt. Die Fokusgruppendiskussionen wurden auf Audiorekorder aufgenommen, transkribiert und mittels eines qualitativ-inhaltsanalytischen Analyseverfahrens ausgewertet.

Ergebnisse: Der identifizierte Informationsbedarf basiert zumeist auf Informationslücken, emotionalen Belastungen sowie alltagsbezogenen Einschränkungen. Es zeigte sich ein Informationsbedarf bzgl. krankheitsspezifischer (Symptome, Verlauf und Ursachen) sowie behandlungsspezifischer (Behandlungsverfahren und Versorgungssystem) und – als zentrale Aspekte – bzgl. interaktionsspezifischer Fragestellungen (Umgang mit der erkrankten Person, Schwierigkeiten der gemeinsamen Alltagsgestaltung und Beziehungsproblematiken) sowie über Unterstützungsmöglichkeiten für Angehörige und Aspekte der Selbstfürsorge.

Schlussfolgerungen: Im Rahmen der Angehörigenpsychoedukation sollten in der Informationsvermittlung auch Aspekte der Angehörigenbelastung und der alltagsbezogenen Einschränkung berücksichtigt werden, auf welchen der Informationsbedarf basiert. Um interaktionsbezogene Problematiken angemessen zu berücksichtigen, sollte diesen mit kompetenzorientierten Ansätzen wie bspw. Problemlösetrainings begegnet werden.

Abstract

Background: Depressive disorders place a high burden on patients and their relatives. Psychoeducational groups for relatives may reduce relatives’ burden and improve the course of disease in patients. To foster the development of psychoeducational interventions which meet relatives’ needs, information demands in relatives of patients with depressive disorders were examined.

Methods: A qualitative study using 3 focus groups was conducted among adult relatives of patients with depressive disorders (N=17). Discussions were audio-taped, transcribed and analyzed using qualitative content analysis.

Results: Information demands are based on information gaps, emotional burden as well as strains in everyday living and were identified with regard to illness-specific (symptoms, course and etiology), treatment-specific (treatment options and health care system) and – as central aspects – interaction-specific issues (dealing with the patient, difficulties in everyday living and relationship problems) as well as support options for relatives themselves and self-care.

Conclusions: Information brokerage within psychoeducational groups for relatives should consider the burden of relatives as well as strains in everyday living on which information demands are based. To consider interaction-specific issues, specific skills – e. g. in problemsolving – should be trained.