Z Orthop Unfall 2017; 155(01): 72-76
DOI: 10.1055/s-0042-116328
Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Retrospektive Analyse von Diabetikern im Hinblick auf Behandlungsdauer und Behandlungskosten in einem überregionalen Traumazentrum

Retrospective Analysis of Diabetics with Regard to Treatment Duration and Costs
S. Pscherer
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
2   BG Trauma Center, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
A. Nüssler
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
2   BG Trauma Center, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
C. Bahrs
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
,
M. Reumann
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
2   BG Trauma Center, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
C. Ihle
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
,
U. Stöckle
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
2   BG Trauma Center, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
S. Ehnert
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
2   BG Trauma Center, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
T. Freude
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
,
B. G. Ochs
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
,
I. Flesch
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
,
P. Ziegler
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Unfallklinik Tübingen
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
21 October 2016 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Die zunehmende Inzidenz des Diabetes mellitus in den kommenden Jahren spiegelt sich auch im Patientengut eines Traumzentrums wider. Dabei zeigen Diabetiker im Vergleich zu Nichtdiabetikern vermehrt Komorbiditäten auf. Der stationäre Verlauf ist, neben der operationstechnischen Herausforderung des Patientenguts, oftmals von Komplikationen begleitet, was zu einer Verlängerung der Behandlungszeiten mit der Folge erhöhter Behandlungskosten führen kann. Ziel der retrospektiven Studie ist es, die Liegedauer von Diabetikern im Vergleich zu Nichtdiabetikern und das Ausmaß des Anstiegs der Behandlungskosten verbunden mit der Fragestellung der Korrelation zum Alter und zu den Komorbiditäten zu analysieren.

Patienten/Material und Methode: In dem Zeitraum von 2012 bis 2015 wurden 17 185 Patienten eines überregionalen Trauma- und Endoprothetikzentrums in die retrospektive Analyse eingeschlossen. Die Komorbiditäten und die Liegedauer von Diabetikern und Nichtdiabetikern wurden erfasst. Um die Kosten pro Tag und pro Patient, bezogen auf die jeweilige Fallpauschale, zu berechnen, wurden alle nach DRG berechneten Kosten ausgewertet. Hierzu wurden die patientenbezogenen Fallpauschalen durch die mittlere Verweildauer dividiert und danach der Mittelwert aus den berechneten Tagessätzen gebildet. Einschlusskriterien waren die Zugehörigkeit zu den verschiedenen Fachabteilungen und ein Mindestaufenthalt von 1 Tag. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Programm SPSS Statistics (Version 22.0, SPSS Inc., Chicago, IL, USA).

Ergebnisse: Die Komorbiditäten sind bei den Diabetikern (D) gegenüber Nichtdiabetikern (ND) signifikant erhöht: Adipositas, arterielle Hypertonie, koronare Herzerkrankungen, Myokardinfarkt (anamnestisch), pAVK, chronische Nierenerkrankung und Hyperlipidämie sind hier zu nennen. Pneumonien waren während des stationären Aufenthalts bei Diabetikern über das 2-Fache signifikant erhöht (2,45 % [D] vs. 1,02 % [ND], p < 0,001). Die Liegedauer verlängert sich bei Diabetikern erheblich (Endoprothetik 13,52 Tage [D] vs. 12,54 Tage [ND], p < 0,001; septische Chirurgie 18,62 Tage [D] vs. 16,31 Tage [ND], p = 0,007; Traumatologie 9,82 Tage [D] vs. 7,07 Tage [ND], p < 0,001). Signifikant verlängert sich die Liegedauer bei Diabetikern unter 60 Jahren im Vergleich zu Nichtdiabetikern unter 60 Jahren (9,98 Tage [D] vs. 6,43 Tage [ND] p < 0,001). Aufgrund der verlängerten Liegedauer der Diabetiker zeigen sich im Beobachtungszeitraum von 4 Jahren höhere Behandlungskosten von 1 932 929,42 €.

Schlussfolgerung: Diabetiker müssen in unfallchirurgisch-orthopädischen Klinken auch aufgrund ihrer Komorbiditäten frühzeitig als Risikopatienten eingestuft werden. Die Behandlungsdauer und die damit verbundenen ansteigenden Behandlungskosten sowie die postoperativen Komplikationen könnten durch die Implementierung eines interdisziplinären Behandlungskonzepts bei an Diabetes erkrankten Patienten minimiert werden.

Abstract

Background: The increasing incidence of diabetes mellitus is also reflected in the patient population of a trauma and orthopaedic centre. Diabetics also exhibit more comorbidities than non-diabetics. In addition to surgical problems in these patients, hospitalisation is often accompanied by complications, which can prolong treatment and increase costs. The aim of this retrospective study is to analyse hospitalisation of diabetics compared to non-diabetics, as well as differences in treatment costs, depending on associated age and comorbidities.

Patients/Material and Methods: 17,185 patients were treated at a transregional trauma and orthopaedic centre and were included in this retrospective analysis between 2012 and 2015. Comorbidities and hospitalisation of diabetics and non-diabetics were recorded. All costs charged by DRG were evaluated to calculate the cost per day and per patient, on the basis of the specific case rate. In this calculation, patient-related case rates were divided by the average residence time and the means of the calculated daily rates were calculated. Inclusion criteria were treatment within the various departments and a minimum hospitalisation of one day. Statistical analysis was performed with the SPSS program (version 22.0, SPSS Inc., Chicago, USA).

Results: In comparison to non-diabetics (ND), diabetics (D) exhibited significantly more comorbidities, including: obesity, arterial hypertension, coronary heart disease, myocardial infarction (in the history), peripheral arterial disease, chronic kidney disease and hyperlipidaemia. Pneumonia in hospital was considerably commoner in diabetics (2.45 % [D] vs. 1.02 % [ND], p < 0.001). Time in hospital was significantly longer in diabetics (endoprosthetics 13.52 days [D] vs. 12.54 days [ND], p < 0.001; septic surgery 18.62 days [D] vs. 16.31 days [ND], p = 0.007; traumatology 9.82 days [D] vs. 7.07 days [ND], p < 0.001). For patients aged under 60 years, time in hospital was significantly longer for diabetics than for non-diabetics (9.98 days [D] vs. 6.43 days [ND] p < 0.001). Because of the longer time in hospital, treatment costs were higher by € 1,932,929.42 during the investigated time period.

Conclusion: Because of their comorbidities, diabetics need to be categorised at an early stage as high-risk patients in traumatological and orthopaedic departments. Hospitalisation and the associated increased treatment costs, as well as postoperative complications, could be minimised in patients with diabetes by implementing an interdisciplinary treatment concept.