Gesundheitswesen 2016; 78(12): 844-852
DOI: 10.1055/s-0042-120266
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Inverkehrbringen von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland: Evaluation der Verfahren und Schwachstellenanalyse

Licensing of Pharmaceuticals and Medical Devices in Germany: Weaknesses and Opportunities
D. Reinhardt
1   GKV-Spitzenverband, Stabsbereich Politik, Berlin
,
M. Wildner
2   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim und Ludwig-Maximilians-Universität München
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Publication History

Publication Date:
22 December 2016 (online)

Zusammenfassung

Zusammenfassung: Ziel der Studie ist eine vergleichende Beschreibung der Zulassung von Arzneimitteln bzw. der Prozesse zum Inverkehrbringen von Medizinprodukten in Deutschland sowie eine Schwachstellenanalyse der beiden Verfahren und die Ableitung von Handlungsempfehlungen.

Methodik: Für die vergleichende Beschreibung wurde ein systematischer Literatur-Review, gefolgt von einer expertengeleiteten Dokumentenanalyse durchgeführt. Die Schwachstellenanalyse und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen wurden auf Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring) von Experteninterviews erarbeitet und kritisch in den aktuellen Forschungsstand eingeordnet.

Ergebnisse: Der häufig geäußerte Vorschlag, Medizinprodukte mit dem gleichen Verfahren wie Arzneimittel zuzulassen, wird von Überwachern und Herstellern als nicht sinnvoll eingestuft. Was Qualität, Methodik und Umfang der einzureichenden Unterlagen angeht, kann demgegenüber insbesondere bei Medizinprodukten mit hohem Risiko viel von den Verfahren, die bei Arzneimitteln verwendet werden, gelernt werden. Bei den Sicherheitsanforderungen nach dem Inverkehrbringen besteht sowohl bei Arzneimitteln als auch bei Medizinprodukten Handlungsbedarf. Die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit europäischer Medizinproduktehersteller sollten nicht durch Abstriche bei der Überprüfung des Nutzen-/Risikoverhältnisses zulasten der Patientensicherheit gefördert werden. Alternativ könnten unter anderem Fördermittel oder vereinfachte Verfahren für kleine Produktionsserien mit besonderer Bedeutung für die gesundheitliche Versorgung, ähnlich der Orphan Drug Regularien bei Arzneimitteln, Anwendung finden.

Schlussfolgerungen: Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag zur Identifikation von Handlungsfeldern zur Verbesserung der Arzneimittelzulassung und der Verfahren zum Inverkehrbringen von Medizinprodukten. Konkrete Vorschläge wurden erarbeitet. Bessere und umfangreichere Studien, wie bei der Arzneimittelzulassung üblich, sollten vor allem bei Medizinprodukten mit hohem Risiko gefordert werden. Die Überwachung nach dem Inverkehrbringen kann sowohl bei Arzneimitteln als auch bei Medizinprodukten noch ausgebaut werden.

Abstract

Summary: The purpose of this study is to describe and compare the licensing of pharmaceuticals and medical devices in Germany. Weaknesses and opportunities of the respective processes are identified.

Methods: To describe and compare the two approaches, a systematic literature review was conducted, followed by an archival analysis, guided by experts. Unstructured interviews were conducted with experts (users, financers, surveillants and producers) personally or by telephone to identify weaknesses and opportunities. The data were evaluated by content analysis according to Mayring and MAXQDA 11. The results were critically assessed by comparing them with the current academic literature.

Results: A central market authorization for medical devices was mentioned often, but seems politically not viable. However, quality, methodology and depth of the analyses necessary for the licensing of medical devices, especially for high-risk devices, can and should strive for higher standards, comparable to those of pharmaceuticals. With regard to post-market surveillance, the systems for both pharmaceuticals and medical devices should be improved. Innovativeness and competitiveness of European medical device manufacturers should not be promoted by reduced evidence standards and patient safety. Subsidies or easier licensing procedures for small product lines with particular importance for public health, similar to orphan drug regulations, are more desirable.

Conclusion: This study helps to identify areas of improvement for licensing of pharmaceuticals and medical devices. Concrete recommendations were developed. Higher evidence standards should be mandatory especially for high-risk devices, comparable to those of pharmaceuticals. Post-marketing surveillance should be improved for pharmaceuticals and medical devices.

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