Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(7): 184-187
DOI: 10.1055/s-2001-11200
Übersichten
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kurz, strukturiert und rasch übermittelt: Der »optimale« Arztbrief

H. Spießl, C. Cording
  • Bezirksklinikum Regensburg (Ärztl. Direktor: Prof. Dr. H. E. Klein)
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

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An der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer medizinischer Versorgung spielt die Informationsweitergabe zwischen Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten eine wichtige Rolle für die Behandlungskontinuität. Befragt nach ihren Erwartungen an die psychiatrische Klinik nennen im Interview über 90 % der niedergelassenen Allgemeinärzte (»Hausärzte«) Aspekte der Kommunikation: Neben einem regelmäßigen patientenbezogenen Informationsaustausch mit Klinikärzten sowie persönlich bekannten und (telefonisch) erreichbaren Ansprechpartnern in der Klinik wird die Wichtigkeit eines (leserlichen) Kurzarztbriefes und einer raschen Übermittlung der Entlassungsbriefe betont [43].

Arztbriefe sind vielleicht das häufigste und wichtigste Kommunikationsmittel unter Ärzten [4] [28] . Oft stellt der Arztbrief den einzigen Kontakt zwischen Klinik- und Hausarzt dar. In den letzten Jahren wurden deshalb im angloamerikanischen Raum eine Reihe von Studien zum Thema »Arztbrief« durchgeführt. Neben inhaltlichen Analysen der Entlassungsbriefe erfolgten in vielen medizinischen Fachgebieten auch Befragungen der Hausärzte zu deren Erwartungen an einen Arztbrief: Kardiologie [3], Gastroenterologie [31] [7] , Onkologie [45], Chirurgie [1] [8] , Orthopädie [22] , Pädiatrie [7], Psychiatrie [26], Radiologie [25] und Strahlentherapie [19]. Es wurden auch Studien konzipiert, die den bilateralen Charakter der Kommunikation reflektierten und in denen eine Befragung sowohl der Konsiliarärzte (Absender) als auch der Hausärzte (Empfänger) erfolgte [26] [36] [50]. In Deutschland dagegen wurden zur Arztbrief-Thematik kaum Studien durchgeführt [28]. Für den Bereich der Psychiatrie liegt eine kurze Übersicht vor, die die besonderen Aspekte psychiatrischer Arztbriefe berücksichtigt [44].

In der Klinik sind Arztbriefe wenig beliebt, das Schreiben von Arztbriefen erscheint vielen Klinikärzten eher lästig. Auf der anderen Seite werden sie von den niedergelassenen Ärzten selten vollständig gelesen [28]: In 28 % liest ein Hausarzt weniger als 25 % des Briefes, in 39 % nur 25-50 %, in 16 % 50-75 % und lediglich in 17 % über 75 % des Inhalts des Arztbriefes. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass der Hausarzt täglich etwa 10 Arztbriefe erhält und diese neben seinem sonstigen Arbeitspensum bewältigen muss. Auf der anderen Seite erhalten 10-30 % der weiterbehandelnden Ärzte keinen Entlassungsbrief von somatischen oder psychiatrischen Kliniken [6] [17] [29].

Ein Problem bei der Erstellung von Arztbriefen ist, dass diese häufig ohne Kenntnis der Bedürfnisse der Empfänger (in den meisten Fällen der Hausärzte), ohne Wissen über deren Vorinformationen und ohne Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der ambulanten Weiterbehandlung verfasst werden. Dies spiegelt sich darin wider, dass sich Klinikärzte von Hausärzten in der Einschätzung der Wichtigkeit zahlreicher Inhalte der Arztbriefe unterscheiden [28]: Während Klinikärzte die Beschreibung der in der Klinik durchgeführten Therapie, insbesondere der medikamentösen Einstellung sowie der Therapieempfehlungen und Kontrolluntersuchungen für besonders wichtig halten, legen Hausärzte häufiger als Klinikärzte Wert auf eine Stellungnahme zur Einweisungsdiagnose und auf differentialdiagnostische Erwägungen. Unterschiede zwischen Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten finden sich auch in der Einschätzung der Bedeutung von Kurzarztbriefen und Entlassungsbriefen (Latz, zit. n. 28): Während 80 % der niedergelassenen Ärzte einen Kurzarztbrief für ausreichend halten, ist für 58 % der Klinikärzte ein ausführlicher Entlassungsbrief unverzichtbar.

Da in vielen Studien über Kommunikationsprobleme zwischen Ärzten berichtet wird [17] [18] [22] [35] [36] und Qualitätsdefizite bei Arztbriefen in allen medizinischen Fachgebieten bestehen [4] [5] [29] [50], werden in der folgenden Übersichtsarbeit Ergebnisse bisheriger Studien zusammengefasst, um Anregungen für die Gestaltung eines Arztbriefes zu geben. Aus Sicht der Qualitätssicherung stellen Arztbriefe einen wichtigen Aspekt der »Nutzerzufriedenheit« mit der Klinik dar [4] [42]. Wichtige Qualitätskriterien von Arztbriefen sind Übermittlungszeit, Länge und Inhalt der Briefe [49]. Ein »optimaler« Arztbrief ist aber auch in der alltäglichen Klinikroutine von Bedeutung, da eine gute Kommunikation eine notwendige Voraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit von Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten ist [34] [46]. Eine mangelhafte Kommunikation unter Ärzten dagegen belastet den Patienten durch unnötige Untersuchungen, verzögerte Diagnosenstellung, diskontinuierliche Behandlung und vermehrte Komplikationen [15] .

kurzgefasst: Die Zusammenarbeit des ambulanten und des stationären Bereichs wird entscheidend durch die Kommunikation zwischen Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten geprägt. Einen sehr wichtigen Aspekt stellen dabei Arztbriefe dar. Es ist deshalb von praktischer Relevanz, dass wiederholt in allen medizinischen Fachbereichen Qualitätsdefizite bei Arztbriefen beschrieben werden. Ein Problem bei der Erstellung der Klinikarztbriefe ist, dass diese die Bedürfnisse der Hausärzte wenig berücksichtigen.