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DOI: 10.1055/s-2002-19698
Welchen Respekt schulden wir dem Embryo?
Die embryonale Stammzellforschung in medizinethischer PerspektiveWhat respect do we owe to the embryo? Emryonic stem-cell research in the perspective of medical ethicsPublication History
Publication Date:
13 August 2002 (online)

Verfolgt man die öffentliche Diskussion um die embryonale Stammzellforschung, so könnte man den Eindruck gewinnen, als ginge es hier um eine reine Pro-Kontra-Argumentation. Die Stammzelldebatte ist in unserem Land wie auch in anderen europäischen Ländern durch diese Neigung zur Polarisierung gekennzeichnet [5] [6] , und es ist unter anderem Aufgabe der Ethik, zu verdeutlichen, dass die Komplexität des Problems nicht in dieser Dichotomisierung von Für und Wider aufgehen kann. Was kann die Ethik - und speziell die medizinische Ethik - zur Diskussion um die embryonalen Stammzellforschung konkret leisten? Aufgabe der Ethik ist es nicht, eine moralische Aussage über »gut« oder »schlecht« zu fällen; sie versteht sich vielmehr auf die Begründung der moralischen Aussage; sie muss daher die Vorverständnisse kritisch überprüfen, die in einem bestimmten moralischen Urteil mit transportiert werden. Speziell die medizinische Ethik kann für eine solche Fragestellung eine hilfreiche Disziplin sein, weil sie über das Instrumentarium der Moralphilosophie verfügt und im Idealfall gleichzeitig in der Lage ist, das Selbstverständnis und die praktischen Handlungssituationen der Medizin mit zu reflektieren.
Zwar wird gegenwärtig der Eindruck erweckt, als sei der etwaige Import von Stammzelllinien die zu lösende Kernfrage, die Aktualität korreliert hier jedoch nicht mit der Relevanz der Fragestellung. Denn selbst wenn die Problematik des Imports geregelt wäre, so bliebe uns immer noch das Kernproblem, das sich letztlich auch hinter der Importfrage verbirgt: die Frage nach der Schutzwürdigkeit des Embryos. Doch wie will man klären, wie schutzwürdig ein Embryo ist? Wie bei jeder ethischen Reflexion müssen auch hier drei Ebenen unterschieden werden, die zunächst kurz dargelegt werden sollen, um in einem zweiten Schritt mögliche Rechtfertigungmöglichkeiten der embryonalen Stammzellforschung zu prüfen.
Literatur
- 1 Bayertz K. Drei Thesen zum moralischen Status menschlicher Embryonen in vitro. Ethisch-philosophische Aspekte. Baden-Baden: Nomos In: Fortpflanzungsmedizin in Deutschland 2001: S. 81-84
- 2 Beauchamp T L. Principles of biomedical ethics. 5. ed. New York : Oxford Univ. Press 2001
- 3 Birnbacher D. Embryonenschutz in Gefahr?. Universitas. 2000; 55 409-419
- 4 Kopelman L. Respect and the retarded. Reidel In: Kopelman L., Moskop JC, eds. Ethics and mental retardation 1984: S.65-85
- 5 Maio G. Zum Für und Wider der embryonalen Stammzellforschung. Forum-Deutsche Krebsgesellschaft. 2001; 16 8-12
- 6 Maio G. Die ethische Diskussion um embryonale Stammzellen aus internationaler Sicht - das Beispiel Italien. Zeitschr Med Ethik. 2001; 47 299-309
- 7 Maio G. Die Präimplantationsdiagnostik als Streitpunkt. Welche Argumente sind stichhaltig und welche nicht?. Dtsch Med Wochenschr. 2001; 126 889-895
- 8 Maio G. Ethik der Forschung am Menschen. Philosophische Analyse und historischer Kontext. Stuttgart: Frommann-Holzboog (Medizin und Philosophie, Bd. 6) 2002
- 9 Meyer M J, Nelson L J. Respecting what we destroy. Reflections on human embryo research. Hastings Center Report. 2001; 31 16-23
- 10 Schockenhoff E. Die Ethik des Heilens und die Menschenwürde. Moralische Argumente für und wider die embryonale Stammzellforschung. Zeitschr Med Ethik. 2001; 47 235-257
- 11 Steinbock B. The moral status of extracorporeal embryos. Pre-born children, property or something else. London New York: Routledge In: Dyson A., Harris J, eds. Ethics and biotechnology 1997: S. 79-92
- 12 Wolf U. Das Problem des moralischen Sollens. Berlin: de Gruyter 1984: p. 189
PD Dr. G. Maio
Zentrum für Ethik und Recht in der Medizin, Universitätsklinikum
Freiburg
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