Z Geburtshilfe Neonatol 2003; 207(4): 137-142
DOI: 10.1055/s-2003-42804
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Warum ist die Sterblichkeit von nachts geborenen Kindern erhöht?

Why are Babies Born at Night at Increased Risk of Early Neonatal Mortality?G. Heller1, 4 , R. Schnell2 , B. Misselwitz3 , S. Schmidt1
  • 1Klinik für Geburtshilfe und Perinatologie, Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universität Marburg
  • 2Fachbereich für Politik- und Verwaltungswissenschaft, Universität Konstanz
  • 3Geschäftsstelle Qualitätssicherung Hessen
  • 4Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Bonn
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Publication History

Eingereicht: 25.3.2003

Angenommen nach Überarbeitung: 23.6.2003

Publication Date:
06 October 2003 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung: Eine erhöhte peri- und neonatale Mortalität nachts geborener Kinder im Vergleich zu tagsüber geborenen Kindern wurde in verschiedenen Studien berichtet. Obwohl dies meist mit einer nächtlich verminderten Qualität der medizinischer Versorgung erklärt wird, existieren auch alternative Erklärungsansätze, z. B. erniedrigtes Geburtsgewicht von Nachtgeborenen. Das Ziel dieser Studie war es zu klären, ob und inwieweit die erhöhte Sterblichkeit von Nachtgeburten auf andere Ursachen oder auf eine schlechtere nächtliche medizinische Versorgung zurückzuführen ist.

Material und Methoden: 590 332 Niedrig-Risiko-Geburten (Einlinge, ≥ 2500 g, ohne kongenitale Anomalie als Todesursache) aus der Hessischen Perinatalerhebung (1990 - 2000) wurden analysiert. Als primärer Endpunkt wurde das Versterben sub partu oder in der ersten Lebenswoche definiert. Bei einer Geburtszeit von 21.00 - 6.00 Uhr wurde von einer Nachtgeburt ausgegangen, andernfalls wurde eine Taggeburt angenommen. Subgruppen- und multivariate Analysen wurden durchgeführt, um den Einfluss potenziell konfundierender Faktoren untersuchen zu können.

Ergebnisse: Es fand sich eine erhöhte Mortalitätsrate für Nachtgeburten (RR = 1,26; 95 % CI = 0,94 - 1,70). Für Spontangeburten (RR = 1,58; 95 % CI = 0,96 - 2,61) wie auch für Notfallsektiones (RR = 1,76; 95 % CI = 1,10 - 2,82) ergaben sich noch deutlichere Zusammenhänge, die nach Adjustierung zahlreicher alternativer Erklärungsfaktoren persistierten.

Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse bestätigen ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko für Nachtgeburten, das nicht durch uns zugängliche alternative Faktoren erklärt werden konnte und daher durch eine schlechtere Qualität der nächtlichen medizinischen Versorgung in den Geburtskliniken bedingt scheint.

Diskussion: Da im Wesentlichen die personelle Besetzung über die Nacht vermindert ist, kann erwartet werden, dass die Neugeborenensterblichkeit durch die Einführung verbesserter Schicht- und Arbeitszeitmodelle verringert werden könnte.

Abstract

Background: Increased perinatal and neonatal mortality rates have been previously reported in night-time births compared with births during the day. This effect has been attributed to decreased quality of medical care during the night. However, alternative explanations exist such as decreased birth-weight of night births. The objective of this study was to further investigate this relationship.

Materials and Methods: Data from 590 332 low risk births (singleton births, ≥ 2500 g birth-weight, no major congenital anomaly) were obtained from the perinatal birth register of Hesse, Germany, 1990 - 2000. Outcome was defined as either death during labour or within 7 days of life. Night-time births were defined as births between 9.00 p. m. and 6.59 a. m., otherwise day-time births were assumed. Subgroup analyses and logistic regression analyses were performed to assess whether the excess mortality of night-births might be explained by other factors.

Results: Mortality rates were increased in night-time births (RR = 1.26; 95 % CI = 0.94 - 1.70). This relationship was more pronounced in spontaneous births (RR = 1.58; 95 % CI = 0.96 - 2.61) and emergency cesarean sections (RR = 1.76; 95 % CI = 1.10 - 2.82). Significance persisted after adjusting for numerous potential confounders.

Conclusion: Our results confirm an increased mortality risk for night-time births which could not be explained by other accessible risk factors. This suggests that the increased risk at night might be attributable to a reduced availability to provide appropriate medical care in delivery units at night.

Discussion: As mainly the presence of staff is decreased during the night, introduction of better designed shifts can be expected to reduce neonatal mortality.

Literatur

Dr. med. Günter Heller

Universitäts-Klinikum für Geburtshilfe und Perinatologie

Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe

Pilgrimstein 3

35037 Marburg