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DOI: 10.1055/s-2004-833941
Ernährung nach der Weltwirtschaftskrise – individueller Lebensstil oder wirtschafts-politische Strukturaufgabe?
Berichtet wird aus einem historischen Forschungsprojekt (DFG) zur Gesundheitsorganisation des Völkerbundes.
In dem Vortrag soll die Entwicklung des internationalen Diskurses über Ernährung in den 1930er Jahren nachgezeichnet und auf seine Bedeutung für das sozialmedizinische Verständnis der Wechselwirkung von Gesundheit – Wirtschaft und Wohlstandsgerechtigkeit untersucht werden.
Verwendet wird Quellenmaterial des Völkerbundsarchivs, Genf und des Public Record Office, London.
Ausgehend von vermuteten Ernährungsproblemen durch die Weltwirtschaftskrise und wissenschaftlichen Forschungsinteressen, leitete der Völkerbund in den 1930er Jahren internationale Untersuchungen zu den Determinanten gesunder Ernährung an. Er kam zu dem Ergebnis, dass Ernährung sowohl von persönlichen Entscheidungen über die Nutzung des verfügbaren Einkommens als auch von der Höhe dieses Einkommens bestimmt war. Dieses, wiederum, hing von politisch beeinflussten nationalen und internationalen Wirtschaftsstrukturen ab. In sich zunehmend radikalisierenden Berichten übten Expertengruppen des Völkerbundes Kritik an bestehenden wirtschafts-politischen Zuständen und implizierten damit die Forderung nach größerer Wirtschaftsgerechtigkeit.
Der Aufstieg der Diktaturen in Europa sowie der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges überdeckten zunächst die genannten Diskurse. Langfristig finden sich Argumentationsmuster jedoch in Konzeptionen von Nachkriegsinstitutionen und öffentlichen Diskussionen bis hin zu moderner Globalisierungskritik.
Zu hinterfragen wäre das Verhältnis zum heutigen Verständnis der Gesundheitsgerechtigkeit zwischen individueller und gesellschaftlicher Verantwortung.
Die Völkerbundsstudien zur Ernährung leisteten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung im zwanzigsten Jahrhundert von Auffassungen zur Wechselwirkung von Gesundheit, Wirtschaft und gesellschaftlicher Gerechtigkeit.