Zusammenfassung
Das laparoskopische/pelviskopische „Anoperieren“ eines Ovarialkarzinoms, Tubenkarzinoms,
Dysgerminoms oder malignen Teratoms sowie eines Borderline-Tumors des Ovar ist ein
im Prinzip unerwünschtes Ereignis, da wichtige für die onkologische Sicherheit notwendige
Standards bei der endoskopischen Technik bewußt vernachlässigt bzw. übergangen werden.
Das laparoskopische „Anoperieren“ von malignen Adnextumoren erscheint ein hinsichtlich
der Häufigkeit unterschätztes Ereignis. Bei einer Umfrage unter 273 deutschen Frauenkliniken
und Geburtshilflich-Gynäkologischen Abteilungen antworteten 127 Kliniken (46%). Von
ihnen berichteten 60% (76 Kliniken) über eigene Erfahrungen in 192 Fällen von Ovarialkarzinomen,
Tubenkarzinomen, Borderline-Tumoren, Dysgerminomen und malignen Teratomen. In der
ganz überwiegenden Mehrzahl wurde dabei endoskopisch „offen“ mit dem Tumor intraabdominal
umgegangen, also durch Eröffnung der Kapsel, Biopsie und Zerkleinerung des Tumors
(Morcellement), Absaugen des Tumor- und Zysteninhaltes, Ausschälen der Zyste oder
Adnektomie sowie anschließende Spülung des Abdomens mit physiologischer Kochsalzlösung
gearbeitet. Bei Ovarialmalignomen im Stadium Ia, also mit intakter Kapsel und ohne
Ausbreitung im Abdomen, wurde nur in 6 von 81 Fällen (7,4%) mit der Bergebeuteltechnik
(Endobag) versucht, eine unerwünschte Kontamination des Bauchraumes mit Tumorgewebe
zu verhindern. Diese Technik schnitt hinsichtlich Impfmetastasen oder intraabdominaler
Progression von „endoskopisch anoperierten“ Malignomen deutlich besser ab. Kapselruptur,
Tumor-Morcellement, die damit nicht verhinderbare intraabdominale Kontamination, führten
in allen Stadien des Ovarialkarzinoms, Stadium Ia - III, zu nachweisbaren Implantationen,
Metastasen und Progression. Als zweiter gravierender Fallstrick erwies sich, wenn
die nachfolgende Radikaloperation länger als 8 Tage nach dem endoskopischen Vorgehen
verzögert wurde. Bei mehr fortgeschrittenen Stadien des Ovarialkarzinoms (50 Fälle),
dem Stadium Ic - III, kam es dann in 52% (13 von 25 Patientinnen) zu Impfmetastasen
in den Operationskanälen (Nabel, Unterbauch), einer Verschiebung in Stadium IV. Beim
Ovarialkarzinom Stadium Ia und „offenem endoskopischem Anoperieren“ sowie einer Verzögerung
von mehr als 8 Tagen kam es in 73 % (26 von 36 Patientinnen) zu einer bei diesem Zweiteingriff
bereits nachweisbaren schnellen Progression, dabei in 53% (19/36 Pat.) zu Stadium
II und III. Auch Borderline-Tumoren, die nicht mit der Endobag-Methode, sondern in
dieser Weise „offen“ endoskopisch angegangen waren, wiesen in der Hälfte (5 von 10
Patientinnen) dann vorher endoskopisch nicht diagnostizierte Implantate im Becken,
Mittel- und Oberbauch (Stadium II und III) auf. Die bei dieser frühen „Nachsorge“
angefallenen Beobachtungen während der Zweitoperation weisen alarmierend auf die grundsätzlichen
Gefahren des „endoskopischen Anoperierens“ von Ovarialmalignomen und Borderline-Tumoren
durch intraabdominale Tumoraussaat hin und zeigen, daß auch die nach solchem Vorgehen
erfolgte Spülung des Abdominalraumes mit physiologischer Kochsalzlösung kein ausreichender
Schutz gegen eine iatrogene Metastasierung und Progression ist. Wenn in 84 % der berichteten
Borderline-Tumoren, Stadium Ia (58 Fälle), keine nachteiligen Folgen des endoskopischen
Vorgehens zum frühen Zeitpunkt beschrieben sind (Zweitoperation) und in 61 % der Ovarialkarzinome,
Stadium Ia (74 Fälle), so ist zumindest vorläufig auch bei diesen „negativen“ Berichten
innerhalb der Umfrage in deutschen Frauenkliniken nicht die Schlußfolgerung erlaubt,
daß das laparoskopische Management bei diesen Patientinnen harmlos bzw. risikolos
gewesen ist. Eine sorgfältige weitere Tumornachsorge müßte dies erst bestätigen. Aber
der bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Nachsorge alarmierend hohe Anteil von gravierenden
Folgen des „endoskopischen Anoperierens“ von ovariellen Malignomen belegt, daß die
derzeit praktizierte endoskopische Chirurgie solcher Läsionen nicht nur theoretisch,
sondern auch hinsichtlich ihrer praktizierten Konsequenzen den gesicherten Standards
einer gynäkologischen Onkologie widerspricht. Soll die endoskopische Chirurgie von
Ovarialtumoren beibehalten werden, müssen Defizite in der Technik und im postendoskopischen
Vorgehen abgebaut, mehr Diskussion über Qualitätskontrollen, Richtlinien, im Interesse
der Sicherheit der Patientinnen eingeführt werden. Ziel muß sein, wieder zur Methode
einer unversehrten Entfernung von Geschwülsten des Eierstocks zurückzukehren. Das
derzeit offensichtlich praktizierte Vorgehen muß nach den von deutschen Kliniken berichteten
Folgen als obsolet gelten.
Abstract
A controversial discussion has arisen between endoscopists and oncologists about laparoscopic
management of ovarian cancer and borderline tumours. A questionnaire was mailed to
273 German Departments of Gyn./Obst. A response rate of 46% (127 hospitals) was obtained
concerning the endoscopical technique used, the kind and delay of post-endoscopical
cancer operation and the early findings (follow-up) in cases of ovarian cancer, dysgerminoma,
malignant teratoma, tubal cancer and borderline tumours of the ovary. In this German
survey it could be shown that laparoscopic management of malignant ovarian tumours
was not uncommon between 1991-1994. Totally, 61% of ovarian cancer stage Ia and 84
% of ovarian borderline tumours stage Ia have been reported without any pathological
finding in laparotomy subsequent to laparoscopic management of the lesions. The 192
cases cited here are undoubtedly an underestimate of the real present frequency of
endoscopically managed ovarian malignancies. Patients with this early “negative” report
should be followed up carefully and may not permit conclusions that laparoscopic management
of ovarian malignancies may be harmless for them. In 16% of the stage Ia borderline
tumours and in 39% of the stage Ia ovarian cancer early spread has been found totally,
demonstrating that implantations and metastases subsequent to the endoscopical procedure
can be found even in an early follow-up phase. In 92.4% laparoscopic capsule rupture,
tumour morcellement with intraabdominal spilling, subsequent cystectomy or adnectomy
had been the technique of choice with additional rinsing of the intraabdominal cavity.
This was harmful for the majority of patients if the subsequent cancer surgery by
laparotomy was delayed for more than 8 days. Early progression of these cases to stage
Ic has been reported in 20% (7/36 cases) and to stage II - III in 53% (19/36 cases).
Only in 7.4% the endobag procedure was used in laparoscopic management of ovarian
cancer stage Ia. In ovarian cancer stage Ic-III (n = 50) an early seeding in the laparoscopic
tract was reported in 52% (13/25) if subsequent cancer surgery by laparotomy was delayed
more than 8 days. The endoscopical techniques and the early findings after an endoscopical
management are reported in detail. In conclusion, in respect of common oncological
standards the actual practice in laparoscopic management of ovarian malignancy is
considered poor surgery. Capsule rupture, tumour morcellement and unprotected “biopsy”
in the intraabdominal cavity and an additional delay of adequate cancer surgery are
the main pitfalls of that procedure. For the overwhelming majority of patients undergoing
such endoscopical procedures very early implants and metastases in the pelvis, the
abdominal cavity or the laparoscopic tract have been found. It seems necessary that
laparoscopic management of ovarian malignancies and borderline tumours under the present
technical conditions are given up and that we should return to reliable standards
of oncological surgery comparable to laparotomy. This should be discussed urgently.