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DOI: 10.1055/s-2008-1074817
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
DGPPN initiiert große Studie zum subjektiven Erleben der Aufnahme in psychiatrischen Kliniken
Publication History
Publication Date:
10 April 2008 (online)
Die Aufnahme in einem psychiatrischen Krankenhaus, zumal die Erstaufnahme, wird von vielen psychiatrischen Patienten aversiv oder sogar traumatisierend erlebt. Dies ist allen psychiatrisch Tätigen wohl bekannt. Stigmaprobleme, unfreiwillige Aufnahmeumstände, der aktuelle psychische Zustand, institutionelle Bedingungen und zahlreiche weitere Faktoren tragen dazu vermutlich bei. Auch wenn sich in den meisten Fällen ein zunehmend besseres Behandlungsbündnis herstellen lässt, tragen doch negativ erlebte Umstände der Aufnahme zu negativen Einstellungen gegenüber psychiatrischen Institutionen bei und können einem ungünstigen Umgang mit der Krankheit Vorschub leisten.
Trotz der anerkannten Bedeutung dieses Problems existiert ein bemerkenswerter Mangel an empirischer Forschung zu den Fragen, wie die Aufnahmesituation wahrgenommen wird, welche Umstände besonders belastend erlebt werden und wie derartige Belastungen möglicherweise minimiert werden könnten. Stattdessen wurde gerade in Deutschland ein von empirischen Daten kaum untermauerter, jedoch zeitweilig sehr erbitterter Streit um die Frage der geeigneten Organisationsform psychiatrischer Kliniken geführt (Spezialisierung versus Mischung und Regionalisierung, kleinere Abteilungen versus größere Fachkrankenhäuser usw.).
Eine 2006 vom damaligen Präsidenten der DGPPN, Prof. Dr. Fritz Hohagen, einberufene kleine Arbeitsgruppe (Hohagen, Driessen, Richter, Steinert) kam zu dem Ergebnis, dass ein geeignetes Erhebungsinstrument für eine Untersuchung des subjektiven Erlebens der Aufnahmesituation zunächst einmal zu entwickeln und empirisch zu überprüfen ist. Die DGPPN fördert dieses Vorhaben finanziell. Unterstützung wurde ferner von der Bundesdirektorenkonferenz (BDK) und vom Arbeitskreis der Leiter psychiatrischer Abteilungen (ACKPA) zugesagt.
Im Jahr 2007 wurden zunächst in qualitativen Einzel- und Fokusgruppeninterviews Items für einen zu erstellenden Fragebogen generiert. Dieser soll 2008 in einigen Kliniken eingesetzt werden. Nach testtheoretisch fundierter Überprüfung wird bis 2009 eine Endversion erstellt werden. Parallel wird ein klinik- und stationsbezogener Strukturfragebogen erstellt und überprüft. Nach Akquirierung ausreichender Drittmittel sollen die Instrumente in einer bundesweiten Befragung eingesetzt werden. Es soll angestrebt werden, 50% der 400 Abteilungen und Fachkliniken für Psychiatrie und Psychotherapie in Deutschland mit jeweils ca. 50 teilnehmenden Patienten einzubeziehen. Folgestudien erscheinen dann möglich und sinnvoll.
Es handelt sich damit um ein in der angestrebten Größenordnung der Beteiligung bundesweit bisher einmaliges Projekt der Versorgungsforschung, das zu wichtigen Versorgungsfragen bedeutsame Antworten liefern könnte. Die Initiatoren weisen deshalb bereits jetzt auf dieses Projekt hin und bitten um Unterstützung bei der Realisierung.
Martin Driessen, Bielefeld; Fritz Hohagen, Lübeck; Dirk Richter, Münster; Tilman Steinert, Weissenau