Z Gastroenterol 2018; 56(03): 321-322
DOI: 10.1055/a-0561-1460
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. März 2018 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor einigen Tagen bekam ich, wie Sie sicherlich auch, Post von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM). Beiliegend fand sich ein Sonderdruck zur Publikation des Klinik Codex „Medizin vor Ökonomie“ aus dem Deutschen Ärzteblatt (Heft 49/2017, www.aerzteblatt.de/lit4917). Die Hintergründe sind uns allen bekannt: Die Einführung des DRG-Systems mit Fallpauschalisierung, Vergleichbarkeit von Krankheitsfällen und die Überlebensnotwendigkeit der Gewinnerzielung für die Krankenhausträger hat zur Ökonomisierung der Medizin geführt. Durch die unzureichende politische Planung und Vorgabe von Bettenzahlen/Region reguliert dies der Gesundheitsmarkt z. Zt. überwiegend selbst. Dies muss nicht grundsätzlich nachteilig sein, bedeutet eine effektive Medizin mit frühzeitiger Planung der notwendigen Untersuchungen, Einschaltung des Sozialdienstes bei Pflegenotwendigkeit, zeitgerechten Untersuchungsabläufen und Vermeidung längerer Liegezeiten durch Nutzung poststationärer Untersuchungsoptionen grundsätzlich keinen Nachteil, sondern in vielen Fällen sogar durch die hierdurch verkürzten Verweildauern im Krankenhaus einen Vorteil für den Patienten. Dass hierdurch auch Kosten reduziert und Gewinne erhöht werden, ist im Abrechnungssystem implementiert. Hier wäre der Begriff „Medizin mit Ökonomie“ durchaus angebracht.

Das Dilemma ist, dass dieses System im Wesentlichen nur für frühzeitig bekannte und planbare Krankheitsbilder geeignet ist („der Durchschnittspatient“). Auch entstehen, wie in jedem anderen Wirtschaftsbetrieb, Fehlanreize mit dem Versuch, stationäre Fälle zu generieren bzw. im Vergütungssystem abbildbare, aber nicht unbedingt indizierte Leistungen anzuwenden. Hierbei werden naturgemäß besonders die gut dotierten Leistungen bevorzugt. Die Einführung messbarer Qualitätsindikatoren durch die Politik und die Initiative der DGIM mit Thematisierung der Indikationsqualität („chosing wisely“) sind folgerichtige Konsequenzen zur Gegensteuerung. Hinzu kommt, dass viele stationäre Leistungen ambulant vorgehalten werden könnten, diese aber nicht ausreichend vergütet werden. Hierzu gehören u. a. die nichtinvasiven Gebiete der Medizin und die „sprechende Medizin“. Insgesamt wird die politisch vorgegebene Entwicklung von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina („die Reformbestrebungen der Politik haben überwiegend finanzierungsbezogene und damit wirtschaftlich orientierte Ziele“) und dem Deutschen Ethikrat („die Primärorientierung im Gesundheitswesen hat sich vom Patientenwohl zu ökonomischen Kriterien verschoben“) kritisiert.

Nun müssen wir Ärztinnen und Ärzte nicht so tun, als ob wir an der gesamten Fehlentwicklung nicht mitverantwortlich sind. Wir sind doch die maßgeblichen Verantwortlichen, die das Wohl der Patienten bestimmen. Die Umsetzung der Indikationsqualität erfolgt durch uns. Hier haben wir häufig versagt. Politisch ist unser Einfluss gering, verfolgen wir doch zu häufig Einzelinteressen und haben wir doch immer noch den Ruch des Lobbyismus. Hinzu kommt, dass sich das Berufsbild des Arztes grundlegend wandelt. Es bleibt also viel zu tun für die Ärzteschaft.

Ich bin sehr dankbar, dass Kollege Oette die Problematik unter dem Titel „Salus aegroti suprema lex: Ethik im Krankenhaus“ aufgegriffen hat.

Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre viel Freude und würde mich über Ihre Vorschläge für Sie interessanter Themen und Beiträge sehr freuen.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Prof. Dr. med. Thomas Frieling
Vorsitzender der ALGK

Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Thomas Frieling
Direktor der Medizinischen Klinik II
Innere Medizin mit Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie, Neurogastroenterologie, Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin
HELIOS Klinikum Krefeld
47805 Krefeld
Lutherplatz 40
Tel.: 0 21 51/32 27 07
Fax: 0 21 51/32 20 78
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