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DOI: 10.1055/a-0584-6084
Editorial
Publication History
Publication Date:
13 June 2018 (online)
Akademisch qualifizierte Pflegende – wozu?
Liebe Leserinnen und Leser der GGP,
auch in dieser Ausgabe der GGP erscheinen einige für die Praxis der Pflege alter Menschen bedeutsame Beiträge. Im Zentrum dieses Heftes steht der CNE Schwerpunkt „Kontinenzförderung im Alter“. Angesprochen sind hier nicht nur fachlich-wissenschaftliche Fragen, sondern auch ethische Herausforderungen und der Theorie-Praxis-Transfer in den Pflegealltag. Die von den Autorinnen vorgeschlagenen Maßnahmen und Hinweise können eine gute Praxis befördern – und das werden sie auch! Allerdings sind sie an bestimmte Rahmenbedingungen gebunden, von denen ich drei ansprechen möchte:
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Ein Bündnis von akademisch qualifizierten Pflegeexperten und der Pflegepraxis auf Augenhöhe ist erforderlich!
Um die vorgeschlagenen Interventionen nachvollziehen, einordnen und letztlich umsetzen zu können, ist eine akademische Qualifikation hilfreich (und meiner Einschätzung nach auch dringend). Es muss aber eine Bereitschaft auf beiden Seiten – sowohl seitens der Pflegeakademiker wie auch der Praxis – für einen fairen Dialog bestehen, sonst wird es nicht gehen. Konkret bedeutet dies, dass seitens akademisch qualifizierter Pflegender jede Form von intellektueller Arroganz kontraproduktiv ist, die Praxis jedoch ihre Skepsis, Unsicherheit und Ablehnung gegenüber den „Studierten“ ablegen und keine Angst vor konstruktiver Auseinandersetzung haben sollte.
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Die Unterstützung durch das Pflegemanagement und die Pflegedirektion vor Ort ist zwingend!
Noch immer erlebe ich Ambivalenz dahingehend, ob man akademisch qualifizierte Pflegende „am Bett“ tatsächlich braucht oder ob nicht die herkömmlichen Ausbildungsprofile völlig ausreichend sind. Angesichts der zunehmenden Komplexität der Anforderungen im Gesundheitswesen wissen jedoch alle, dass akademisch qualifizierte Pflegende absolut erforderlich sind. Aber die Aufgaben- und Kompetenzprofile für ihren Einsatz sind diffus, Karrierewege unklar, die Bezahlung häufig unangemessen.
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Hochschulen und Praxiseinrichtungen müssen enger kooperieren!
Krankenhäuser – vor allem die Universitätskliniken – sind Lehrkrankenhäuser. Vor allem die Medizin hat es geschafft, hier ein Setting für die Qualifikation des Nachwuchses aufzubauen. Vergleichbare Strukturen brauchen wir auch in der Langzeitpflege, vor allem in den Heimen. In anderen Ländern liegen Erfahrungen vor, wie man sog. „Teaching Nursing Homes“ etablieren und in einem engen Kontakt von Hochschule und Praxis Innovationen vor Ort systematisch vorantreiben kann.
Kommen wir abschließend noch einmal auf das CNE Schwerpunktthema „Kontinenzförderung im Alter“ zurück. Ich bin davon überzeugt, dass die von mir angesprochenen Arbeitsbündnisse, Struktur- und Rahmenveränderungen einen signifikanten Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten können. Wir sollten uns dabei vor Augen führen, dass die Verbesserung der Kontinenz im Alter letztlich ein Beitrag zu einem menschenwürdigen Leben darstellt, auf den jeder Betroffene ein Recht hat.
Ihr
Prof. Dr. Hermann Brandenburg