Frauenheilkunde up2date 2018; 12(03): 275-288
DOI: 10.1055/a-0618-1433
Geburtshilfe und Perinatalmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erstversorgung des reifen Neugeborenen – Teil 1: Physiologische Grundlagen und Basismaßnahmen

Bernhard Roth
,
Frank Eifinger
,
Angela Kribs
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Publication History

Publication Date:
19 July 2018 (online)

Ein strukturiertes Vorgehen bei der Erstversorgung eines Neugeborenen bringt mehr für das Kind als ein zu forsches, proaktives Verhalten. Dies in der Praxis sicher abschätzen zu können, verlangt fundierte theoretische Kenntnisse zur Physiologie der postnatalen Anpassung, eine solide klinische Ausbildung und Erfahrung sowie regelmäßiges Training – sowohl basaler als auch erweiterter Maßnahmen der Erstversorgung Neugeborener.

Kernaussagen
  • Die Erstversorgung des reifen Neugeborenen basiert heute auf gesichertem Wissen über die Physiologie der kardiopulmonalen Transitionsvorgänge nach der Geburt. Die weitaus meisten Kinder passen sich nach der Geburt rasch an, ohne dass medizinische Maßnahmen erforderlich wären.

  • Entscheidend sind die Belüftung der Lungen mit Etablierung einer stabilen funktionellen Residualkapazität sowie die Umstellung des Blutkreislaufs und der damit einhergehenden Steigerung des pulmonalen Blutflusses.

  • Bei Geburt in der frühen Regelzeit (37 0/7 – 38 6/7 Schwangerschaftswochen) lassen sich relativ häufig interventionsbedürftige Störungen der pulmonalen Anpassung beobachten, besonders nach elektiver Sectio.

  • Ein rasches Durchtrennen der Nabelschnur nach der Geburt ist für das Kind unphysiologisch und muss vermieden werden. Ein verzögertes Abnabeln und die damit verbundene plazentare Transfusion unterstützen die kardiopulmonale Anpassung.

  • Auch wenn das Neugeborene nach Geburt selbst Wärme erzeugen kann, müssen Auskühlung und Kältestress vermieden werden. Ein rasches Abtrocknen nach der Geburt und Gewährung eines Haut-zu-Haut-Kontakts mit der Mutter tragen maßgeblich zur Stabilisierung der Körpertemperatur sowie des Sauerstoff- und Energiebedarfs des Kindes bei.

  • Alle Maßnahmen müssen so angelegt sein, dass die Aufnahme einer Eltern-Kind-Beziehung möglichst wenig beeinträchtigt wird, zumal frühes Bonding für den Stillerfolg wichtig ist.