Prof. Dr. Carl-Albrecht Haensch
das dritte Schwerpunktheft in den letzten 20 Jahren der Klinischen Neurophysiologie
über das autonome Nervensystem liegt Ihnen jetzt vor. Nach einer Darstellung der Anwendung
der Analyse der Herzfrequenzvariabilität in Neurologie und Psychiatrie in 1998 und
einem urogenitalen und gastrointestinalen Schwerpunkt in 2011, beschäftigen sich die
aktuellen Beiträge mit der State of the Art-Diagnostik und neuen therapeutischen Ansätzen der gestörten kardiovaskulären Regulation.
Kreislaufregulationsstörungen stehen oft im Mittelpunkt der autonomen Diagnostik.
Dies liegt daran, dass Synkopen besonders häufig sind und Beschwerden einer orthostatischen
Intoleranz sowohl bei vermeintlich „gesunden“ jungen Menschen mit einem Posturalen
Tachykardiesyndrom vorkommen können, aber auch als orthostatische Hypotonie in Folge
der Neurodegeneration autonomer Kerngebiete zu beobachten sind. Neue Themen sind in
den vergangenen Jahren aufgekommen: Die besonders häufigen autonomen Störungen bei
REM-Schlafverhaltensstörung sind ein weiterer Grund, sich mit dem Vegetativum bei
neurodegenerativen Erkrankungen zu beschäftigen, wie dies bereits mehrere Forschergruppen
derzeit tun. Der SUDEP ist ein noch ungelöstes Rätsel in der Epileptologie, welches
auch aus autonomer Sicht noch besser verstanden werden muss.
Wenig Interesse an der Entwicklung von neuen Therapien ist seit der Einführung von
Sildenafil auf Seiten der pharmazeutischen Industrie zu erkennen. Auch autonome Messplätze
sind kaum auf den medizintechnischen Ausstellungen zu sehen. Einzig L-Threo-DOPS wurde
zwischenzeitlich in den USA zur Behandlung der orthostatischen Hypotonie – wie bereits
seit vielen Jahren in Japan – zugelassen.