Z Orthop Unfall 2019; 157(01): 29-34
DOI: 10.1055/a-0631-4924
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kramer- und Chevron-Osteotomie bei Hallux valgus – retrospektive vergleichende Untersuchung des funktionellen und radiologischen Ergebnisses

Article in several languages: English | deutsch
Christoph Schulze
1   Orthopädische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Rostock, Rostock
2   Abteilung Orthopädie/Unfallchirurgie Bundeswehrkrankenhaus Westerstede, Westerstede
,
Nina Böhme
1   Orthopädische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Rostock, Rostock
,
Claudia Hacke
3   Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
André Gutcke
2   Abteilung Orthopädie/Unfallchirurgie Bundeswehrkrankenhaus Westerstede, Westerstede
,
Philipp Bergschmidt
1   Orthopädische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Rostock, Rostock
4   Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie, Klinikum Südstadt Rostock, Rostock
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
03 September 2018 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Der Hallux valgus ist mit einer Prävalenz bis zu 23% die häufigste Vorfußdeformität. Bei Beschwerden ist die Therapie operativ. Prospektive Studien, die Vorteile eines Verfahrens gegenüber einem anderen aufzeigen, sind selten. Bei Indikationen zur distalen Vorfußkorrektur gilt die Chevron-Osteotomie oft in Kombination mit einer Weichteilkorrektur als Therapie der Wahl. Der Stellenwert der OP nach Kramer ist nicht explizit beschrieben. Ziel der Untersuchung ist es, die funktionellen und radiologischen Ergebnisse beider OP-Verfahren zu vergleichen.

Material und Methoden In die retrospektive Untersuchung wurden 174 Patientendatensätze (42 männlich, 132 weiblich, 44,0 ± 16,8 Jahre) einbezogen, die zwischen 2008 und 2015 mit einer Chevron-Osteotomie (n = 71) oder Kramer-Osteotomie (n = 103) behandelt wurden. Die OP-Dauer wurde erfasst. Es erfolgte eine Auswertung der prä- und postoperativen Röntgenaufnahmen mit Bestimmung des Hallux-valgus-, des Intermetatarsalwinkels und der Sesambeinkonfiguration (Mittelwerte ± SD). Funktion und Lebensqualität wurden anhand des Foot and Ankle Outcome Score (FAOS) und EuroQol5D geprüft. Das Schmerzniveau wurde mittels numerischer Ratingskala (NRS) erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte über mixed model ANOVA sowie t-Tests für unabhängige Stichproben.

Ergebnisse Beide Verfahren reduzierten den Hallux-valgus-Winkel (Kramer: 30 ± 8° auf 9 ± 7°; Chevron: 26 ± 7° auf 16 ± 9°; p < 0,001). Der Unterschied zwischen den Verfahren war statistisch signifikant (10 ± 2°; 95%-KI: − 12,93; − 6,49; p < 0,001). Beide Verfahren reduzierten den Intermetatarsalwinkel leicht (14 ± 3° auf 12 ± 3°; p < 0,001), jedoch ohne einen signifikanten Unterschied zwischen den Verfahren (p = 0,116). Die Sesambeinkonfiguration konnte durch die Kramer-Osteotomie signifikant von 2/2 auf 0/1 nach Appel verbessert werden (p < 0,001). Dies gelang mit der Chevron-Osteotomie nicht (2/2 auf 2/1; p = 0,052). Die OP-Dauer war bei der Kramer-OP im Vergleich zur Chevron-Osteotomie kürzer (31 ± 14 vs. 44 ± 12 min; p < 0,001). Ein Unterschied im postoperativen Schmerz- und Beschwerdeniveau konnte nicht nachgewiesen werden (NRS postoperativ Chevron: 1,3; Kramer: 1,7; p = 0,413; FAOS: keine signifikanten Unterschiede in den Kategorien ADL (activities of daily living), Sport, Lebensqualität, Funktion und Schmerz).

Schlussfolgerung Bei vergleichbaren funktionellen sowie besseren radiologischen Ergebnissen und kürzerer OP-Dauer ist die Kramer-OP eine mögliche Alternative zur Chevron-Osteotomie. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung müssen in prospektiven Studien bestätigt werden.