Krankenhaushygiene up2date 2019; 14(03): 283-296
DOI: 10.1055/a-0686-5649
Präventionsmaßnahmen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antiseptisch beschichtetes Nahtmaterial – gute Evidenz oder nur gutes Marketing?

Elisabeth Meyer
,
Simone Scheithauer
,
Isabella Dresselhaus
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. September 2019 (online)

Antiseptisch beschichtetes Nahtmaterial wird in den aktuellen Leitlinien der KRINKO und der WHO eingeschränkt bzw. uneingeschränkt zur Prävention von postoperativen Wundinfektionen empfohlen. Zugelassen sind nur Beschichtungen mit der umweltmedizinisch kontrovers diskutierten Substanz Triclosan. In diesem Beitrag wird die aktuell verfügbare Evidenz vorgestellt und kritisch diskutiert.

Kernaussagen
  • Die Evidenz für Triclosan-beschichtetes Nahtmaterial ist uneinheitlich.

  • Es waren meist Single-Center-Studien und Metaanalysen, welche die unterschiedlichsten operativen Eingriffe zusammenfassen, die einen Vorteil gezeigt haben.

  • Die bis dato größte doppelblinde, randomisierte multizentrische Studie mit über 2500 Patienten wurde 2018 publiziert und zeigte keinen signifikanten infektionspräventiven Effekt bei Hüft- und Knie-Endoprothesen.

  • Im Jahr 2018 wurde eine weitere Studie mit über 1000 Patienten mit abdominalchirurgischen Eingriffen veröffentlicht, die ebenfalls keinen Benefit für beschichtetes Nahtmaterial nachweisen konnte.

  • Diese Studien wurden später veröffentlicht als die WHO- und die KRINKO-Leitlinie. Deshalb spiegeln diese Leitlinien nicht mehr den aktuellsten Stand des Wissens.

  • Aus unserer Sicht darf der Einsatz fraglich infektionspräventiver Maßnahmen nicht dazu führen, dass die Umsetzung der sicher infektionspräventiven Maßnahmen vernachlässigt wird. Inwieweit bei Ausschöpfung sicher infektionspräventiver Maßnahmen antiseptisches Nahtmaterial einen Zusatznutzen hat, lässt sich gegenwärtig nicht beantworten.

  • Ob anderes antiseptisches Nahtmaterial (z. B. mit Chlorhexidin- oder Octenidin-Beschichtung) einen größeren Effekt auf die Vermeidung von SSI hat, muss in zukünftigen Studien evaluiert werden.