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DOI: 10.1055/a-0751-3998
Ausgewählte Meldungen und aktuelle Entwicklungen
Neues aus der ReisemedizinPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
20. Februar 2019 (online)
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Akute schlaffe Myelitis in den USA und in Europa
In den USA treten derzeit gehäuft Fälle von akuter schlaffer Myelitis (AFM) auf. Hierbei handelt es sich um eine seltene, polioähnliche Erkrankung, die durch akute schlaffe Paresen (AFP) der Extremitäten gekennzeichnet ist. Teilweise kommt es hierbei zu dauerhaften Lähmungen, andere Patienten genesen wieder vollständig. Betroffen sind fast ausschließlich Kinder und Jugendliche.
Vermehrtes Auftreten in den USA
Das Krankheitsbild der AFM ist nicht neu, aber seit einigen Jahren ist in den USA eine zyklische Häufung von Fällen zu beobachten. Der erste größere Ausbruch ereignete sich 2014, damals erkrankten 120 Menschen in 34 US-Bundesstaaten. Zwei Jahre später waren es 149 Fälle in 39 Bundesstaaten und dieses Jahr wurden bis Ende November fast 300 Verdachtsfälle registriert, von denen bisher 116 bestätigt wurden. In den Jahren 2015 und 2017 wurden mit 22 beziehungsweise 33 Erkrankungen deutlich weniger Fälle gemeldet. Es gibt ein deutliches saisonales Muster, die meisten Fälle treten im Sommer und Herbst auf.
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Kleine Ausbrüche in Europa
Auch in Europa wurden in den letzten Jahren kleinere Ausbrüche beobachtet – so erkrankten beispielsweise im Jahr 2016 in Deutschland mindestens 16 Personen. Seither wurden hier keine Infektionen mehr gemeldet. Allerdings besteht in Deutschland – wie auch in den USA – keine Meldepflicht für AFM-Fälle. Die tatsächlichen Fallzahlen könnten also höher liegen.
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Ätiologie noch ungeklärt
Die Ätiologie der AFM ist noch ungeklärt. Der erste große Anstieg der Fallzahlen in den USA im Jahr 2014 fiel mit einem landesweiten Enterovirus-D68-Ausbruch zusammen. Einige der AFM-Patienten berichteten auch tatsächlich von einer vorausgegangenen schweren Atemwegserkrankung. Zum Teil konnte das EV-D68 in respiratorischen Proben nachgewiesen werden, bei der Mehrheit der Patienten lieferte der Test jedoch negative Ergebnisse. Dieses Jahr dagegen ist das Enterovirus A71 in den Fokus gerückt – so meldet ein Kinderkrankenhaus aus Colorado, dass das EV-A71 bei der Mehrheit der AFM-Patienten nachgewiesen werden konnte, das EV-D68 dagegen nur bei einem. Auffällig ist, dass die meisten Patienten mit einer EV-A71-Infektion bereits wieder vollständig genesen sind, während die Lähmungen bei dem einzigen Patienten mit EV-D68 – genau wie bei vielen Fällen aus dem Jahr 2014 – noch persistieren.
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Bei der Suche nach der AFM-Ätiologie konzentriert sich die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) jedoch nicht nur auf die verschiedenen Non-Polio-Enteroviren. Als mögliche Faktoren werden unter anderem auch das West-Nil-Virus, Adenoviren, genetische Störungen und Umweltgifte diskutiert.
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Bisher nur symptomatische Behandlungen möglich
Aufgrund der unklaren Krankheitsursache ist derzeit auch nur eine symptomatische Behandlung möglich. Dabei scheint weder eine intravenöse Immunglobulin- noch eine Steroidtherapie wirkungsvoll zu sein. Vielmehr wird durch Physiotherapie und elektrische Stimulation versucht, die Muskulatur anzuregen. Vereinzelt konnte auch durch eine Transplantation von Nervenzellen eine Verbesserung erzielt werden.
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