Sportverletz Sportschaden 2018; 32(04): 264-271
DOI: 10.1055/a-0753-7694
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker? Gesundheitliche und juristische Aspekte des Konsums von Nahrungsergänzungsmitteln aus dem Internet

Consult Your Physician or Health Care Provider? Health and Legal Aspects Regarding the Use of Dietary Supplements Offered in the World Wide Web
Anja Carlsohn
1   University of Education Schwäbisch Gmünd
2   HAW Hamburg, Fakultät Life Sciences, Dept. Ökotrophologie
,
Lars Steinhorst
3   Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg
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Publication History

Publication Date:
11 December 2018 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) mit dem Ziel, den Gesundheitszustand zu verbessern, ist in Deutschland weit verbreitet, insbesondere bei Patienten mit entsprechenden Diagnosen, Älteren und Sportlern. Rechtsunsicherheiten und gesundheitliche Risiken, die speziell mit dem Interneteinkauf von NEM assoziiert sein können, sind in Deutschland wenig untersucht.

Ziel Ziel der Arbeit ist ein literaturbasierter Überblick über das gesundheitliche Gefährdungspotenzial, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Verbraucherinformationen von über den Internethandel bezogenen NEM.

Methodik Literaturrecherche (Pubmed) inklusive Reference-tracking (01/2017 – 01/2018) und Sichtung von Veröffentlichungen des Bundesinstituts für Risikobewertung und deutscher Verbraucherzentralen sowie überschlägige Sichtung der gesetzlichen Regelungen auf Bundes- und Länderebene und teilweise Gesetzesexegese.

Ergebnisse Patienten nutzen zunehmend das Internet zur gesundheitsbezogenen Information, wobei die persönliche, fachlich einschlägige Beratung zu Nutzen und Risiken eines Produkts in der Regel entfällt. Auf potenzielle Nebenwirkungen wird häufig nicht hingewiesen. Verunreinigungen mit toxischen Substanzen wie Schwermetallen oder Beimengungen von pharmakologischen Substanzen werden gehäuft bei als natürlich beworbenen NEM nachgewiesen und können ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen. Im Gegensatz zu Arzneimitteln unterliegen NEM keiner behördlichen Zulassungspflicht, bei der die Unbedenklichkeit des Produkts überprüft wird. AthletInnen sollten das nicht unerhebliche Risiko positiver Dopingbefunde infolge einer NEM-Einnahme berücksichtigen. Derzeit sind 6 – 9 % der Dopingfälle auf NEM zurückzuführen.

Fazit ÄrztInnen wird empfohlen, ihre PatientInnen gezielt nach der Einnahme von NEM zu fragen, diese zu dokumentieren und in einen individuellen Substanzpass aufzunehmen. Bei AthletInnen sollte das Risiko dopingrelevanter Verunreinigungen in die individuelle Nutzen-Risiko-Analyse einbezogen werden.

Abstract

Background In Germany, widespread use is made of dietary supplements (DS) to improve the individual health status, especially among patients diagnosed with certain conditions, elderly people and athletes. Legal aspects as well as health risks related to DS purchased via the internet are rarely analysed in Germany.

Purpose We aim to provide a review of the respective literature focusing on health risks, legal aspects und consumer information related to the internet retailing of DS.

Methods A review of the literature including reference tracking was conducted between January 2017 and January 2018 and combined with the results of an analysis of legal regulations in Germany.

Results Using the internet to research into health-related aspects is common among patients. However, this is often associated with a lack of individual and professional counselling regarding the potential risks and benefits of using DS. Potential side-effects are often not declared, and there is a high prevalence of contamination with harmful substances, especially among DS marketed as “natural health products”. Athletes must be aware of the risk of being tested positive due to contamination of a DS with a WADA-banned substance.

Conclusion Questions regarding the use of DS in patients as well as in healthy athletes should be implemented into the medical history records by physicians. The use of DS should be carefully documented. A thorough cost-benefit analysis is recommended, and athletes should consider the risk of being tested positive.