Neurologie up2date 2021; 04(02): 175-189
DOI: 10.1055/a-0829-8781
Neurologische Notfall- und Intensivmedizin

Diagnostik und Management des Delirs

Matthias Maschke

Das Delir ist eine Erkrankung, die in der Definition häufig uneinheitlich verwendet wird und deren Auswirkungen u. U. deutlich unterschätzt werden. Aufgrund des demografischen Wandels wird die Bedeutung des Delirs in Zukunft weiter zunehmen. Die Therapie des Delirs hat einen multimodalen Ansatz, wobei nicht-medikamentöse Maßnahmen als wahrscheinlich genauso wertvoll wie medikamentöse Therapien gelten.

Fazit

Take Home Message

Bei Patienten mit einem Delir sollte zunächst nach potenziell auslösenden Medikamenten gefahndet werden. Medikamente mit einer hohen anticholinergen Potenz sollten möglichst abgesetzt oder zumindest reduziert werden.

Fazit

Take Home Message

Die kraniale Bildgebung ist bei den meisten Patienten mit einem Delir ohne relevanten Zusatznutzen. Sie sollte dann zum Einsatz kommen, wenn fokal-neurologische Defizite vorhanden sind oder aufgrund der Anamnese (Trauma, gerinnungshemmende Substanzen, V. a. Enzephalitis) eine intrakranielle Pathologie vermutet werden muss.

Fazit

Take Home Message

Eine Reizdeprivation des Patienten (Immobilität, „kognitiver Leerlauf“, fehlende Reorientierungsmaßnahmen) sollte vermieden werden. Ziel der pflegerischen und nicht-medikamentösen Therapiemaßnahmen ist die täglich mehrfache physische und kognitive Aktivierung.

Fazit

Take Home Message

Das nicht-medikamentöse Delirmanagement, insbesondere eine aktivierende Pflege und validierende Gesprächstechnik sowie Einbeziehung der Familie, ist ein wichtiger Baustein in der Reorientierung des Patienten. Der Effekt dieser Therapiemaßnahmen wird häufig unterschätzt und diese daher vernachlässigt.

Fazit

Take Home Message

Die medikamentöse Therapie setzt v. a. bei älteren Patienten auf niedrigpotente, sedierende Neuroleptika. Bei schwerem Delir scheint einzig Dexmedetomidin eine nachgewiesene Wirksamkeit auf Dauer und Schwere des Delirs zu haben.

Kernaussagen
  • Das Delir ist eine häufige, im klinischen Alltag sehr unangenehme Erkrankung, die die Interaktion zwischen Pflegeteam und Ärzten häufig belastet und viel Geduld erfordert.

  • Die Mortalität des Delirs ist beträchtlich und beim hypoaktiven Delir noch wesentlich höher als bei der hyperaktiven Form.

  • Den wichtigsten Beitrag zur Diagnose leistet die ausführliche Fremdanamnese.

  • Es gibt keine spezifischen Labormarker und keine spezifischen klinischen Zeichen für das Vorliegen eines Delirs; demzufolge dienen Labordiagnostik und körperliche Untersuchung dem Ausschluss von evtl. zugrundeliegenden differenzialdiagnostisch zu erwägenden Erkrankungen.

  • Zur Quantifizierung und Einschätzung des Delirs wird am häufigsten die Confusion Assessment Method (CAM)-Skala eingesetzt.

  • Die medikamentöse Therapie erzielt selten rasche Ergebnisse, sodass die nicht-medikamentösen Therapiemaßnahmen eine wichtige Rolle spielen.

  • Wichtig ist, dass die Erkrankung rasch identifiziert und die richtigen Schritte eingeleitet werden.

  • Gerade rechtzeitiges Absetzen von auslösenden Medikamenten und Therapie zugrunde liegender Faktoren wie eine Exsikkose, Elektrolytstörungen oder Infektionen sind unabdingbar.

  • Auch wenn heutzutage mehr auf das Delir geachtet wird, so besteht sowohl ärztlich wie pflegerisch ein deutlicher Fortbildungsbedarf.



Publication History

Article published online:
01 June 2021

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