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DOI: 10.1055/a-0861-5274
Trotz Aufklärung – Unwirksame Einwilligung mangels Bedenkzeit
Publication History
Publication Date:
06 August 2019 (online)
Die individuelle Aufklärung der Patientinnen und Patienten vor invasiven diagnostischen und insbesondere operativen Eingriffen stellt eine der Kardinalpflichten der verantwortlichen Ärzte dar. Die Patientenaufklärung hat daher im ärztlichen Berufsalltag völlig zu Recht einen breiten Platz eingenommen. Auch im Hinblick auf eine möglichst große Compliance ist die Patientenaufklärung ein zentraler Bestandteil der Vorbereitung und des Erfolgs jedes medizinischen Eingriffs. Doch im stressigen Klinik- bzw. Praxisalltag fällt es trotz aller Bemühungen bisweilen schwer, den in der Rechtsprechung entwickelten restriktiven Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufklärung umfassend gerecht zu werden. Dabei spielt der Faktor „Zeit“ eine zunehmend entscheidende Rolle. Um die Durchführung aller geplanten Eingriffe besser planen zu können und um Leerläufe im OP zu vermeiden, wird mancherorts der Patient unmittelbar im Anschluss an das mündliche Aufklärungsgespräch um die Abgabe seiner Einwilligungserklärung und um seine Unterschrift im Aufklärungsbogen gebeten.
Ein solches Vorgehen kann weitreichende Konsequenzen mit sich ziehen, wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 16.01.2019 (Az. 5 U 29/17) zeigt. Das OLG hat der zeitlichen Komponente im Rahmen der Aufklärung entscheidende Bedeutung beigemessen. Wer nämlich dem Patienten zwischen Aufklärung und Eingriff nicht genügend Bedenkzeit einräumt, muss damit rechnen, dass trotz eingehender Aufklärung und trotz der vom Patienten daraufhin erteilten schriftlichen Einwilligung der später durchgeführte Eingriff rechtswidrig ist.