Aktuelle Kardiologie 2019; 8(03): 204-209
DOI: 10.1055/a-0915-9453
Übersichtsarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Biomarker des Myokardinfarkts mit nicht obstruierten Koronararterien

Biomarker of the Myocardial Infarction with Non-Obstructive Coronary Arteries
Sven-Oliver Tröbs
1   Zentrum für Kardiologie, Kardiologie I, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
2   Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e. V. (DZHK), Standort Rhein-Main, Mainz
,
Jürgen H. Prochaska
2   Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e. V. (DZHK), Standort Rhein-Main, Mainz
3   Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
4   Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH), Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
,
Philipp Sebastian Wild
2   Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e. V. (DZHK), Standort Rhein-Main, Mainz
3   Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
4   Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH), Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Publication Date:
17 June 2019 (online)

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Zusammenfassung

Der akute Myokardinfarkt mit nicht obstruierten Koronararterien (MINOCA) ist durch ein Fehlen von Koronarstenosen ≥ 50% in der Koronarangiografie gekennzeichnet. Die Datenlage zum MINOCA ist aufgrund der heterogenen Erfassung der Erkrankung und der zumeist ungeklärten Ätiologie in den meisten Studien begrenzt. Der MINOCA weist eine Häufigkeit 5,8 – 11,2% auf und tritt im Schnitt ca. 2 – 3 Jahre früher als der klassische Myokardinfarkt auf. Zum klinischen Profil der Patienten lassen sich aufgrund der Studienlage nur eingeschränkt Aussagen treffen. Diagnostischer Standard ist die kardiale Magnetresonanztomografie, mit der die Klärung der Genese in ca. 75% der Fälle gelingt. Die Letalität ist niedriger als die des klassischen Myokardinfarkts, wobei die Betroffenen vornehmlich an nicht kardiovaskulären Ursachen versterben. Dennoch hat die Troponinkonzentration einen prognostischen Nutzen. Für ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorantagonisten und Statine wird ein letalitätssenkender Effekt vermutet.

Abstract

The acute myocardial infarction with non-obstructed coronary arteries (MINOCA) is characterized by the absence of coronary stenosis ≥ 50% in coronary angiography. The data available on MINOCA is limited due to the heterogeneous definition of the disease and the mostly unresolved etiology in most studies. MINOCA has a frequency of 5.8 – 11.2% and occurs approximately 2 – 3 years before classical myocardial infarction. Based on the current body of literature, no conclusive statements can be made about the clinical profile of the patients. Cardiac magnetic resonance imaging is the diagnostic standard and able to clarify the genesis in approx. 75% of cases. The mortality of MINOCA is lower than that of classical myocardial infarction, with affected persons dying primarily from non-cardiovascular causes. Nevertheless, the troponin concentration has prognostic value. For ACE inhibitors, AT1 receptor antagonists and statins, a mortality-lowering effect is suspected.

Was ist wichtig?

Die Diagnose eines Myokardinfarkts mit nicht obstruierten Koronararterien (MINOCA) erfolgt als Arbeitsdiagnose nach einer Koronarangiografie ohne Nachweis von relevanten Koronarstenosen (Lumeneinengung < 50%) bei Patienten mit dem klinischen Bild eines Myokardinfarkts und erhöhter Troponinkonzentration. Der MINOCA hat eine Häufigkeit von 5,8 – 11,2% und tritt 2 – 3 Jahre früher auf als der Myokardinfarkt durch obstruierende Koronarien.

Neben der Herzkatheteruntersuchung kommt der kardialen Magnetresonanztomografie eine zentrale diagnostische Rolle zu. Hier können u. a. mittels „Late gadolinium enhancement“ ischämische Infarktareale von nicht ischämischen Erkrankungen wie einer Tako-Tsubo-Kardiomyopathie oder einer Myokarditis abgegrenzt werden, sodass die Ätiologie des MINOCA in ca. 75% der Fälle geklärt werden kann.

Die Letalität des MINOCA ist niedriger als die des koronar bedingten Myokardinfarkts, wobei MINOCA-Patienten vornehmlich an nicht kardialen Ursachen versterben.

Dennoch scheint die maximale Troponinkonzentration ein Prädiktor für die Letalität zu sein.

Eine Therapie mit ACE-Hemmern, AT1-Rezeptor-Antagonisten und Statinen reduziert sehr wahrscheinlich die Letalität.