Zusammenfassung
Ziel Bei radiologischen Interventionen ist die Haut auf der Strahleneintrittsseite das am stärksten exponierte Organ. In der durchgeführten Studie wurde am Beispiel der mechanischen Thrombektomie untersucht, wie hoch die lokale Exposition und die sich daraus ableitende Gefahr von deterministischen Strahlenwirkungen für Patienten ist.
Material und Methoden In dieser Arbeit wurden die Dosisprotokolle von 50 konsekutiven Schlaganfallpatienten ausgewertet, bei denen zwischen September 2016 und April 2017 eine mechanische Thrombektomie durchgeführt wurde. Alle Eingriffe wurden an einer biplanaren Anlage durchgeführt. Die lokale Haut-Äquivalentdosis H
P(0,07) wurde retrospektiv mithilfe der protokollierten Strahlungsdaten und zuvor bestimmten Konversionsfaktoren berechnet. Die In-vitro-Ermittlung der Konversionsfaktoren erfolgte mithilfe eines Silizium-Halbleiterdetektors an der Oberfläche eines Alderson-Rando-Kopfphantoms in Abhängigkeit von der Strahlungsqualität.
Ergebnisse Die behandelten Verschlüsse betrafen das M1- und M2-Segment der A. cerebi media (n = 32), die A. carotis interna bzw. das Karotis-T (n = 12) sowie die A. basilaris (n = 6). Die Durchleuchtungszeiten reichten von 5,7 Minuten bis zu 137,3 Minuten bei einem Mittelwert von 39,5 ± 4,1 Minuten. Die ermittelten Werte der Haut-Äquivalentdosis reichten von 0,16 ± 0,02 Gy bis zu 4,80 ± 0,51 Gy, wobei der Mittelwert bei 1,00 ± 0,14 Gy lag. In 3 von 50 Fällen (6 %) kam es bei komplexen Eingriffen zu einer Überschreitung des von der Strahlenschutzkommission publizierten Schwellenwertes für Hautreaktionen von 3 Gy. Weitere 15 Patienten (36 %) wurden mit einer Dosis von 1–3 Gy exponiert. Die höchsten Dosiswerte wurden bei langwierigen Eingriffen mit Verschlüssen in der hinteren Zirkulation und bei Karotis-T-Verschlüssen beobachtet. Der aus diesen Daten ermittelte lokale Dosisreferenzwert unseres Zentrums für die Haut-Äquivalentdosis lag bei 1,24 ± 0,15 Gy.
Schlussfolgerung Auch bei einem modernen neuroradiologischen Eingriff wie der mechanischen Thrombektomie entstehen für den Patienten relevante Strahlendosen, die in circa 6 % zu deterministischen Strahlenschäden an der Haut führen können. Eine systematische Überwachung von lokalen Dosisgrößen, wie H
P(0,07), erscheint angebracht. Möglichkeiten zur Erfassung und Reduktion der lokalen Exposition sollten von den interventionellen Teams in Zusammenarbeit mit einem Medizinphysikexperten erarbeitet werden.
Kernaussagen:
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Die Haut-Äquivalentdosis lag bei 64 % der Thrombektomien im unbedenklichen Bereich (< 1 Gy).
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Bei 6 % der Patienten wurden auch höhere H
P(0,07) -Werte ermittelt, die zu deterministischen Strahlenschäden an der Haut führen können.
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Zur Vermeidung deterministischer Schäden bei Neurointerventionen sollte H
P(0,07) daher erfasst werden (kombinierte Messkammern).
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Bei längeren Interventionen sollten Maßnahmen zur Verringerung der Strahlendosis vorgenommen werden.
Zitierweise
Key words
skin dose - dose area product - deterministic effects - conversion coefficients - mechanical thrombectomy - peak skin dose