Gesundheitswesen 2020; 82(02): 126-131
DOI: 10.1055/a-0955-5436
Originalarbeit

Zwangssterilisationen in Thüringen und Württemberg 1933–1945[*]

Forced Sterilizations in Thuringia and Wuerttemberg 1933–1945*
Sven Kinas
1   Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin, Forschungsschwerpunkt Zeitgeschichte, Charite Universitätsmedizin Berlin, Berlin
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Zusammenfassung

Bei der Durchführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14 Juli 1933 (GzVeN) kam den an den Staatlichen Gesundheitsämtern tätigen Amtsärzten eine Schlüsselfunktion zu. Sie verfassten einen Großteil der Sterilisationsanzeigen, stellten die überwiegende Mehrheit der Sterilisationsanträge und wirkten als Gutachter oder Richter an den Entscheidungen der Erbgesundheitsgerichte mit. Der Beitrag präsentiert genaue Zahlen zu den Folgen der Sterilisationspolitik in Thüringen und Württemberg und benennt die Ursachen für die erheblichen Unterschiede, die bei der Durchführung des GzVeN in diesen Ländern auszumachen sind.

Abstract

Medical officers of public health departments played a key role in the implementation of the Law for the Prevention of Offspring with Hereditary Diseases (July 14, 1933). They made many reports, filed a majority of applications for sterilization and acted as an expert or a judge in the Eugenics Court. This article presents accurate figures on the consequences of this law in Thuringia and Wuerttemberg and identifies the causes for the great differences between these 2 federal states.

* Der Beitrag präsentiert Ergebnisse, die im Rahmen des vom BVGÖD und vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Forschungsprojekts „Der öffentliche Gesundheitsdienst in der Zeit des Nationalsozialismus in den Ländern Thüringen und Württemberg“ (Leitung: Prof. Dr. Sabine Schleiermacher) erzielt wurden.




Publication History

Article published online:
27 August 2019

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  • Literatur

  • 1 RGBl. I 1933: 529–539
  • 2 Ley A. Zwangssterilisation und Ärzteschaft. Hintergründe und Ziele ärztlichen Handelns. Frankfurt/M: Campus; 2004: 121ff
  • 3 Bock G. Zwangssterilisation im Nationalsozialismus. Studien zur Rassenpolitik und Frauenpolitik. Opladen: Westdeutscher Verlag; 1986: 232f. Benzenhöfer U, Ackermann H. Die Zahl der Verfahren und der Sterilisationen nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses. Münster: Kontur-Verlag; 2015. 27
  • 4 Zum folgenden vgl. den Schriftverkehr. in Hauptstaatsarchiv (HStA) Stuttgart, E 151/53, Bü 162-163 bzw. Landesarchiv Thüringen (LaTh), HStA Weimar, Thüringisches Ministerium des Innern (Thür. MdI), E; 1750-1751
  • 5 Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und des Ehegesundheitsgesetzes vom 31. August 1939. RGBl. I 1939; 1560
  • 6 Zur Durchführung des GzVeN vgl. den Gesetzestext (Anm. 1) sowie die Verordnung zur Ausführung des GzVeN vom 7.12.1933, RGBl. I. 1933; 1021-1035
  • 7 Zum Anzeigeverhalten vgl. Ley (Anm. 2): 336–342
  • 8 Bock, (Anm. 3): 232f
  • 9 Sauer P. Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus. Ulm: Süddeutsche Verlagsgesellschaft; 1975: 149
  • 10 Vossen J. Gesundheitsämter im Nationalsozialismus. Rassenhygiene und offene Fürsorge in Westfalen. 1900-1950 Essen: Klartext; 2001. 434
  • 11 Zur biologistischen Volkskörperethik: Ley (wie Anm. 2)
  • 12 Niederschrift der Vernehmung Stähles durch den Chef der deutschen Polizei Stuttgart am 26.6.1945, in: Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 29/3 T 1 Nr. 1754/01/20
  • 13 Bericht v. 28.5.1937, in: HStA Stuttgart, E 151/53 Bü 771
  • 14 Notizen v. 23.1.1939 und v. 26.1.1939, in: HStA Stuttgart, EA 2/150 Bü 1165
  • 15 Zum folgenden. Weindling P. “Mustergau” Thüringen: Rassenhygiene zwischen Ideologie und Machtpolitik. in Hoßfeld Uwe. et al. „Kämpferische Wissenschaft“. Studien zur Universität Jena im Nationalsozialismus. Köln u.a.: Böhlau; 2003: 1013-1026 Vossen (Anm. 9): 435ff.
  • 16 Vossen (Anm. 9): 446
  • 17 Württembergisches Innenministerium an W. Gmelin, 28.10.1936, in: HStA Stuttgart, EA 2/150 Bü 479
  • 18 Der Öffentliche Gesundheitsdienst im Deutschen Reich 1938. Bearbeitet in der Abteilung Volksgesundheit des Reichsministeriums des Innern. Der Öffentliche Gesundheitsdienst 1939; 5: 121-143
  • 19 Vgl. auch: Vossen, (Anm. 9): 444f