Dialyse aktuell 2019; 23(09): 396
DOI: 10.1055/a-0969-0376
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ernährung bei Dialysepatienten

Martin K. Kuhlmann
1   Berlin
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Publikationsdatum:
20. November 2019 (online)

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Die chronische Niereninsuffizienz kann als generalisierte Stoffwechselerkrankung mit Störungen in Synthese, Metabolismus, Abbau und Ausscheidung verschiedenster Stoffwechselprodukte verstanden werden. Da die Nahrungszufuhr die Basis für die meisten Stoffwechselvorgänge ist, liegt ein Ansatz im medizinischen Management der chronischen Niereninsuffizienz traditionell in einer Modifizierung der Nährstoffzufuhr. Die klassischen Aspekte in diesem Zusammenhang beziehen sich auf die tägliche Aufnahme einzelner Nahrungskomponenten, wie Eiweiß, Kohlenhydrate, Fette, Kochsalz, Kalium, Vitamine, Spurenelemente und Wasser. Da sich die Effekte einer Ernährungsumstellung bei Dialysepatienten allerdings nur in wenigen Fällen direkt an Laborwerten ablesen lassen (z. B. Kalium und Phosphat), müssen zur Begründung und Validierung von Empfehlungen andere Parameter herangezogen werden, wie das Langzeitüberleben und die Lebensqualität. Bei der Zusammenstellung der in dieser Ausgabe der „Dialyse aktuell“ dargestellten Themen zum Thema Ernährung bei Dialysepatienten sind wir daher abgewichen von den klassischen Themen wie Eiweiß- oder Phosphat-Zufuhr und haben den Fokus auf bedeutende übergeordnete Ziele für den chronischen Dialysepatienten gelegt.

Zunehmende körperliche Schwäche und ein schleichender Verlust an Muskelmasse sind häufige Begleiterscheinungen der chronischen Dialysebehandlung und schränken die Lebensqualität vieler Patienten deutlich ein. Prof. Jörg Radermacher, Minden, beschreibt in seinem Artikel das breite Spektrum an Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung des Ernährungszustandes und weist ausdrücklich darauf hin, dass eine adäquate Ernährung immer auch mit einem entsprechenden körperlichen Training verbunden sein muss.

Meist sind es kardiovaskuläre Komplikationen, welche die Lebenserwartung unserer Patienten limitieren, sodass deren Verringerung das herausragende Ziel der umfassenden Behandlung unserer Patienten sein sollte. Dr. Mattias C. Braunisch, München, Barbara Contzen, Bergisch Gladbach, und Dr. Claudius Küchle, München, diskutieren in ihrem Beitrag die verschiedenen Möglichkeiten, über Ernährungsempfehlungen zur Verbesserung des Überlebens von Dialysepatienten beizutragen. Es hat sich in den letzten Jahren herauskristallisiert, dass es neben Kalium und Phosphat auch andere Nährstoffe gibt, die hier berücksichtigt werden sollten, wie z. B. natürliche Antioxidanzien und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe als Bestandteile eines mediterranen Ernährungskonzeptes.

Die Regulation des Wasserhaushaltes ist bereits beim Nierengesunden recht komplex und wird durch die Niereninsuffizienz nur noch komplizierter. Dabei spielen neben der Trinkmenge auch die Zufuhr von Kochsalz und dessen Verteilung im Körper eine bedeutende Rolle. Im aktuellen Artikel von Prof. Markus Mohaupt, Bern (Schweiz), wird die Komplexität des Managements des Wasserhaushalts ebenso deutlich wie auch die Notwendigkeit der wissenschaftlichen Aufarbeitung noch offener essenzieller Fragen. Die Verordnung einer fixen Trinkmenge ist sicherlich allein nicht ausreichend, um die hehren Ziele einer Verbesserung des Langzeitüberlebens von Dialysepatienten zu erreichen.

Wenn Patienten erstmals von einer chronischen Niereninsuffizienz erfahren, ist die erste Frage oft die nach der Notwendigkeit einer Ernährungsumstellung oder nach klaren Restriktionen. Inzwischen haben wir gelernt, dass zu restriktive Ernährungsempfehlungen in vielerlei Hinsicht kontraproduktiv sind. Moderne Ernährungsempfehlungen sollten immer auch einen präventiven Charakter haben mit einem Fokus auf dem Erhalt eines guten Ernährungszustandes und der Verringerung des kardiovaskulären Risikos. Wir hoffen, mit dem vorliegenden Schwerpunkt einen verständlichen Überblick in dieser Hinsicht geben zu können.