Zusammenfassung
Ziel der vorliegenden Untersuchung war der Vergleich der Dosisbelastung des Operateurs bei der Verwendung 2 verschiedener Kyphoplastie-Systeme zur minimalinvasiven Versorgung von osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen. Es lag eine Voruntersuchung einer belgischen Arbeitsgruppe aus dem ORAMED-Projekt (2010) vor, die als Grundlage diente und eine Dosisreduktion für die Augenlinsen und die linke Hand bei der Verwendung eines Ballon-Kyphoplastie-Systems mit Cement-delivery-Systems (CDS) für den Operateur zeigte.
Material und Methoden Verwendet wurden ein bipedikuläres Ballon-Kyphoplastie-System (Fa. Medtronic GmbH) mit CDS und ein unipedikuläres Radiofrequenz-Kyphoplastie-System (StabiliT, Fa. DFine Europe GmbH) bei solitären Frakturen im thorakolumbalen Übergang bei jeweils 20 Patienten. Die Patientenkollektive waren mit einem mittleren Alter von 76,9 Jahren für die Ballon-Kyphoplastie und 75 Jahren für die Radiofrequenz-Kyphoplastie relativ homogen. Der Frauenanteil war erwartungsgemäß in beiden Gruppen höher. Der Mittelwert für den BMI war bei der Gruppe der Radiofrequenz-Kyphoplastie höher und auch der Patient mit dem größten BMI-Wert war in dieser Gruppe. Die Arbeitsabläufe wurden in 3 Arbeitsschritte definiert. Die Arbeitszeit und die Durchleuchtungszeit (DLZ) wurden in den einzelnen Arbeitsschritten gemessen und die Oberflächendosis über alle Arbeitsschritte durch TLD-Chips (Thermolumineszenzdetektor) an der Stirn, auf der Röntgenschürze, an beiden Handgelenken und am linken OSG gemessen. Das Dosisflächenprodukt wurde für die gesamte Prozedur registriert.
Ergebnisse Im Arbeitsschritt 2 fanden sich die wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Systemen in Arbeitszeit und Durchleuchtungszeit. Der Unterschied war bedingt durch die bipedikuläre Punktion für die Ballon-Kyphoplastie und den Wechsel der Arbeitskanüle, während bei der Radiofrequenz-Kyphoplastie nur eine unipedikuläre Punktion benötigt wurde. Die Gesamtdurchleuchtungszeit über alle Arbeitsschritte war bei der Ballon-Kyphoplastie 3-mal so lang; dies spiegelte sich auch im Dosisflächenprodukt wider, welches mehr als doppelt so hoch war. Die gemessenen Oberflächendosen für die Augenlinsen waren bei der Ballon-Kyphoplastie im Mittel 4-mal höher. Für das linke Handgelenk lagen die Werte bei der Ballon-Kyphoplastie etwa 8-mal höher.
Schlussfolgerung Insgesamt muss aus strahlenhygienischer Sicht die Empfehlung zur Verwendung eines unipedikulären Kyphoplastie-Systems gegeben werden. Sollte die Ballon-Kyphoplastie aus medizinischen Gründen zur Anwendung kommen, sind sämtliche Strahlenschutzmittel (Bleihandschuhe, Bleiglasscheibe, Strahlenschutzbrille und CDS) zu nutzen und die Oberflächendosen für beide Hände durch Ringdosimeter und die Linsendosis durch ein TLD an der Strahlenschutzbrille zu erfassen und zu dokumentieren.
Kernaussagen:
Unipedikuläre Kyphoplastiesysteme sind aus Strahlenschutzgründen zu bevorzugen.
Spezielle medizinische Indikationen können im Einzelfall die Verwendung eines bipedikulären Kyphoplastiesystems rechtsfertigen.
Die Verwendung eines Ballon-Kyphoplastiesystems ohne CDS ist nicht mehr zu empfehlen.
Bei Verwendung eines bipedikulären Kyphoplastiesystems sind die Oberflächendosen für die Hände und die Linse zwingend zu dokumentieren.
Zitierweise
Reißberg S, Lüdeke L, Fritsch M. Comparison of Radiation Exposure of the Surgeon in Minimally Invasive Treatment of Osteoporotic Vertebral Fractures – Radiofrequency Kyphoplasty versus Balloon Kyphoplasty with Cement Delivery Systems (CDS). Fortschr Röntgenstr 2020; 192: 59 – 64
Key words kyphoplasty - radiation safety - technical aspects - spine