Kinder- und Jugendmedizin 2020; 20(01): 3
DOI: 10.1055/a-0971-5836
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kinder- und Jugendmedizin

Wieland Kiess
Further Information

Publication History

Publication Date:
24 February 2020 (online)

Diabetologie in der Kinder- und Jugendmedizin

Zoom Image
Prof. Dr. med. Wieland Kiess

Als Herausgeber unserer Zeitschrift „Kinder- und Jugendmedizin“ freue ich mich außerordentlich, dass es uns gelungen ist, zum Thema „Kindlicher Diabetes“ ein Themenheft zu organisieren. Die Prävalenz und Inzidenz des Typ-1-Diabetes im Kindes- und Jugendalter steigen europaweit und insbesondere auch in Deutschland seit vielen Jahren an! Wirksame Präventionsstrategien fehlen. Klare Erkenntnisse in Bezug auf die Ursachen des Typ-1-Diabetes, die über die bloße Annahme von Autoimmunphänomenen, das Zusammenwirken von genetischen Faktoren und Umgebungsfaktoren wie Umweltgiften, Virusinfektions-Endemien und Lebensstil hinausgehen, gibt es nicht. Dabei wäre es wichtig, tatsächliche Ursachen für den Anstieg der Diabetesprävalenz, bei gerade auch jungen Kindern, zu erkennen, um tatsächlich Präventionsstrategien evidenzbasiert und ursachenbezogen in Angriff nehmen zu können. Andererseits hat sich das Thema Technologie und Nutzung von internet- und App-basierten Diabetesanwendungen immer mehr in den Vordergrund gespielt, sowohl in der täglichen Arbeit von Kinderdiabetologinnen und Kinderdiabetologen als auch im Umgang der betroffenen Kinder und Jugendlichen und ihren Familien selbst.

In der hier vorliegenden Ausgabe der „Kinder- und Jugendmedizin“ gibt es entsprechend einen Artikel zur Diabetes-Epidemiologie. Dabei wird aus dem Sächsischen Kinder-Diabetes-Register Inzidenz und Prävalenz berichtet. Interessant ist, dass wir in Sachsen neben der stetigen Zunahme des kindlichen Diabetes gerade auch eine sehr starke Zunahme nach der Wiedervereinigung, damit in den Jahren nach 1989, finden. Zum Thema Nutzung von neuen Technologien wie Insulinpumpen, Smarten Insulinpumpen, Glukosesensoren, Kombinationen und computerbasierten Algorithmen nehmen wir im Heft Stellung. Häufig ist es heute so, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen und ihre Familien technologisch und internetbasiert besser unterwegs sind als die behandelnden Diabetologen-Teams! Entsprechend freuen wir uns über den Beitrag über aktuelle Therapien und Technologien in der Kinderdiabetologie. Für Kinderärzte, die sich mit Kindern mit Typ-1-Diabetes im stationären Setting beschäftigen, sind akute Erkrankungen oder Operationen bei Kindern mit Typ-1-Diabetes eine Herausforderung. Interdisziplinäres Handeln und das Vorhandensein von klaren Leitlinien und im Krankenhaus implementierten Arbeitsplänen sind von großer Wichtigkeit. Schließlich ist es traurig, dass in Deutschland noch immer sehr viele Kinder bei Diabetesmanifestation in der diabetischen Ketoazidose (ca. 20 %!) in die Kliniken aufgenommen werden! Eine echte Prävention der diabetischen Ketoazidose setzt das Wissen um Typ-1-Diabetes in der allgemeinen Bevölkerung, aber auch bei Ärzten, Lehrern und Betreuern in Sportvereinen voraus. Aufklärung und Bildung sind entsprechend wichtige Anliegen, die im Beitrag von Martin Holder und Stefan Ehehalt aus Stuttgart sehr gut dargestellt werden.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass auch, wenn der kindliche Diabetes noch immer eine für den einzelnen Kinderarzt in der Praxis seltene, chronische Erkrankung ist, insgesamt die Prävalenz so hoch ist, dass jeder in der Kinderarztpraxis Tätige ausreichende Kenntnisse zum Thema Kinderdiabetologie haben muss. Um dies zu gewährleisten und auf den neuesten Stand zu bringen, haben wir uns entschlossen, dieses Heft herauszugeben. Wir wünschen den Leserinnen und Lesern guten Kenntnisgewinn und Freude beim Lesen.