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DOI: 10.1055/a-0976-4072
Bewegungsförderung in der Bewegungstherapie: Aktuelle Ergebnisse des Forschungsprojektes „Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation“
Über 700 Bewegungstherapeutinnen und Bewegungstherapeuten haben sich an dem Forschungsprojekt „Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation: eine Bestandsaufnahme auf Einrichtungs- und Akteursebene“ (BewegtheReha) beteiligt. Das Projekt liefert damit die bislang umfangreichste nationale Übersicht zum Status quo der Bewegungstherapie innerhalb der Rehabilitation mit besonderem Fokus auf das Thema Bewegungsförderung. Den erfolgreichen Projektabschluss möchten wir zum Anlass nehmen, um uns bei allen teilnehmenden bewegungstherapeutischen Akteuren für ihre Zeit, Unterstützung und das große Engagement ganz herzlich zu bedanken!
Im Herbst 2019 wurde das BewegtheReha-Projekt mit dem Preis zur Förderung der Rehabilitationsforschung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) ausgezeichnet. Für uns als Projektteam ein guter Grund, um an dieser Stelle zentrale Projektergebnisse und Konsequenzen für die Bewegungstherapie kurz zu thematisieren.
Zeitgemäße Bewegungstherapie adressiert verstärkt die Befähigung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden zur Initiierung und Aufrechterhaltung von körperlich aktiven Lebensstilen. Körperfunktionsorientierte Trainingsansätze sind nur bedingt dafür geeignet, Bewegungsverhalten nachhaltig zu fördern – erfolgreiche Bewegungsförderung macht den Einsatz elaborierter biopsychosozialer Bewegungstherapiekonzepte notwendig. Inwieweit bewegungsfördernde Therapiekonzepte bereits in der Praxis der Bewegungstherapie angekommen sind und welchen Stellenwert Bewegungsförderung in den Köpfen der bewegungstherapeutischen Akteure in den Rehabilitationskliniken einnimmt, war bislang nicht geklärt. Dies ändert sich mit den aktuellen Ergebnissen des Forschungsprojektes BewegtheReha.
Innerhalb des BewegtheReha-Projektes wurden 2 wichtige Ebenen untersucht:
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Die Einrichtungsebene. Mittels einer quantitativen fragebogenbasierten Querschnitterhebung konnten von 713 bewegungstherapeutischen Abteilungen umfangreiche Informationen zu konzeptionellen Merkmalen und bewegungstherapeutischen Prozessen erhoben werden. Bedeutsame qualitätsrelevante Handlungs-/Inhaltsbereiche umfassten dabei Assessment, Therapieziele inkl. Inhalte und Methoden, Durchführung der Therapie, Therapiekontrolle und -zuweisung.
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Die Akteursebene. Aufbauend auf die Fragebogenuntersuchung wurden mit 58 leitenden Bewegungstherapeutinnen und Bewegungstherapeuten aus 6 Erkrankungsbereichen im Rahmen von 1,5-tägigen Workshops vertiefende Diskussionen u. a. zum Thema Bewegungsförderung durchgeführt. Diese sogenannten Fokusgruppen mit je ca. 10 Personen lieferten vertiefte qualitative Einblicke in die therapeutischen Handlungsspielräume sowie die handlungsleitenden Ansichten und Überzeugungen der bewegungstherapeutischen Akteure. Die Personen für diese Diskussionen wurden so ausgewählt, dass eine Stichprobe mit möglichst großer Heterogenität in Bezug auf die per Fragebogen im ersten Schritt erhobenen zentrale Merkmale der Bewegungstherapie entstanden ist. Dies gewährleistete die Berücksichtigung unterschiedlicher informationsreicher Fälle und darauf aufbauend eine detaillierte Exploration, Erklärung und Analyse von Mechanismen hinter den quantitativen Ergebnissen.
Das gewählte methodische Vorgehen im sogenannten Mixed-Method-Design führt die Einrichtungsperspektive mit der Akteursperspektive zusammen und ermöglichte eine komplexe, facettenreiche Beschreibung des Status quo der bewegungstherapeutischen Praxis. Details zum methodischen Vorgehen können im Studienprotokoll nachgelesen werden (Geidl et al., 2018a).
Die vielschichtigen Projektergebnisse umfassen Erkenntnisse zu folgenden Themenfeldern: konzeptionelle Ausrichtung der Bewegungstherapie inkl. Therapieziele, Inhalte und Methoden (Deprins et al., 2019); typische Bewegungstherapiekonzepte (Sudeck et al., 2019); Assessment, Aufnahmegespräch und Informationseinholung (Geidl et al., 2019a); interdisziplinäre und bewegungstherapeutische Teamarbeit (Deprins et al., 2017); die subjektiven Sichtweisen therapeutischer Akteure auf Bewegungsförderung in der Bewegungstherapie (Geidl et al., 2018b; Geidl et al., 2019b). In aller Kürze auf den Punkt gebracht: Die Bewegungstherapie innerhalb der medizinischen Rehabilitation zeigt sich im Hinblick auf das Thema Bewegungsförderung (noch) sehr heterogen aufgestellt. Knapp die Hälfte (45 %) der bewegungstherapeutischen Abteilungen legt einen klar erkennbaren Schwerpunkt auf das Thema Bewegungsförderung. In den analysierten bewegungstherapeutischen Themenfeldern konnte Optimierungspotenzial sowohl auf Akteursebene (z. B. Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten der therapeutischen Akteure; Austausch und Kommunikation zwischen therapeutischen Akteuren) als auch auf Einrichtungsebene (z. B. konzeptionelle Verortung des Themas Bewegungsförderung; klinischer Prozess der Entscheidungsfindung für zielgerichtete Bewegungsförderung; didaktisch-methodische Ansätze sowie Barrieren für Bewegungsförderung) identifiziert werden.
Die Projektergebnisse helfen dabei, Bewegungstherapie in Zukunft bewegungsfördernd und damit nachhaltig zu gestalten. Die umfassende Bestandsaufnahme auf Einrichtungs- und Akteursebene bildet die Grundlage für die systematische Qualitätsentwicklung der Bewegungstherapie in der Rehabilitation, insbesondere im Hinblick auf die Weiterentwicklung, Implementierung und Disseminierung elaborierter biopsychosozialer Konzepte der Bewegungstherapie. Aufbauend auf die Ergebnisse des BewegtheReha-Projektes wurden bereits konkrete Handlungsempfehlungen für die Qualitätsentwicklung innerhalb der medizinischen Rehabilitation für die Bereiche Personal- und Organisationsentwicklung abgeleitet. [8] Ergänzend wurden Handlungsempfehlungen in Bezug auf zukünftige Forschungsaktivitäten im Themenfeld Bewegungs-förderung in der Bewegungstherapie erarbeitet. In einem nächsten Schritt gilt es nun – gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung Bund als größtem Kostenträger und Förderer des BewegtheReha-Projektes – Strategien zu entwickeln, damit die niedergeschriebenen Handlungsempfehlungen auch tatsächlich zu Optimierungen der Bewegungsförderung in der Bewegungstherapie beitragen.
Die Details zu den erstellten Publikationen und weiterführende Informationen finden Sie auf der Projekthomepage https://www.sport.fau.de/das-institut/forschung/bewegung-und-gesundheit/abgeschlossene-forschungsprojekte/bewegthereha/
Dr. Wolfgang Geidl
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
17. Februar 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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Literatur
- 1 Deprins J. et al. 2019; Konzeptionelle Grundlagen der Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation: Ergebnisse einer bundesweiten Bestandsaufnahme. Die Rehabilitation.
- 2 Deprins J. et al. 2017; Aspekte der Teamarbeit in der Bewegungstherapie: Ergebnisse einer bundesweiten Bestandsaufnahme. DRV-Schriften, Band 111: 288-290
- 3 Geidl W. et al. (2018a). Exercise therapy in medical rehabilitation: study protocol of a national survey at facility and practitioner level with a mixed method design. Contemporary Clinical Trials Communication, 11: 37-45.
- 4 Geidl W. et al. (2018b). Inhalte und Methoden der Bewegungsförderung in der Bewegungstherapie: Die Sichtweisen bewegungstherapeutischer Akteure in der medizinischen Rehabilitation. Bewegungstherapie und Gesundheitssport.
- 5 Geidl W. et al. (2019a). Exercise therapy and physical activity promotion: Do exercise therapists assess or receive information on clients´ relevant personal factors? A national survey from Germany. European Journal of Physiotherapy.
- 6 Geidl W. et al. (2019b). Physical activity promotion in daily exercise therapy: The perspectives of exercise therapists in German rehabilitation settings. BMC Sport Science, Medicine and Rehabilitation
- 7 Sudeck G. et al. (2019). The role of physical activity promotion in typical exercise therapy concepts: A latent class analysis based on a national survey in German medical rehabilitation. Disability and Rehabilitation 13: 1-11.
- 8 Geidl W. et al. (2020). Bewegungsförderung in der Bewegungstherapie: Handlungsempfehlungen für die Qualitätsentwicklung innerhalb der medizinischen Rehabilitation. 29. Reha-Wissenschaftliches Kolloquium der DRV, Hannover, März 2020. DRV-Schriften, Bd. 114..