Zahnmedizin up2date 2019; 13(04): 299-317
DOI: 10.1055/a-0977-7856
Oralmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Arzneimittelwechselwirkungen: Bedeutung für die Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde

Christina Koerbs
,
Falko Partosch
,
Ralf Stahlmann
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. September 2019 (online)

In Deutschland werden jährlich etwa 7 Mio. Arzneimittelverordnungen in Zahnarztpraxen ausgestellt, vor allem für Lokalanästhetika, Analgetika und Antibiotika. Dabei müssen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln bedacht werden, die der Patient einnimmt. Dieser Beitrag beschreibt anhand der am häufigsten verordneten Arzneimittel, in welchen Situationen in der zahnärztlichen Praxis mit adversen Wechselwirkungen gerechnet werden muss.

Kernaussagen
  • Bei der Anwendung von Lokalanästhesie und der Gabe von NSAID muss beachtet werden, dass Patienten mit einer Hypertonie häufig mit ACE-Hemmern, Sartanen, Kalziumantagonisten, Betablockern und/oder Diuretika medikamentös eingestellt sind und bei gleichzeitiger Gabe ein blutdrucksteigernder Effekt auftreten kann.

  • Die häufig in einer Zahnarztpraxis verschriebenen, antiphlogistisch wirksamen Analgetika können die Nierenfunktion einschränken; dadurch könnte es zu einer verzögerten Elimination von Digoxin kommen. Aufgrund der geringen therapeutischen Breite der Digitalisglykoside ist dies unbedingt zu beachten.

  • Auch Makrolidantibiotika, die als Alternative zu Penicillinen eingesetzt werden können, interagieren z. B. mit Kalziumantagonisten, weil sie CYP3A4 inhibieren.

  • Die häufig zur Blutverdünnung verwendeten Medikamente müssen bei einer Anamnese ausführlich erfragt werden. Nicht nur die erhöhte Blutungsgefahr bei chirurgischen Eingriffen, sondern auch die medikamentösen Interaktionen müssen dabei beachtet werden. Makrolide und Metronidazol können die Verstoffwechselung von Vitamin-K-Antagonisten verzögern. Das steigert deren Wirkung. Ein Monitoring der Blutgerinnung muss erfolgen; ggf. muss die Dosis des Medikaments angepasst werden.

  • Bei Patienten, die mit trizyklischen Antidepressiva oder SSRI behandelt werden, sollte man evtl. auf adrenalinfreie Lokalanästhetika ausweichen, um Arrhythmien und Bluthochdruck zu vermeiden. Die heutzutage häufiger eingesetzten SSRI weisen weniger Nebenwirkungen auf, interagieren jedoch mit NSAID und können gastrointestinale Blutungen begünstigen. Es besteht eine Kontraindikation der Gabe von NSAID bei Patienten, die SSRI einnehmen.