Z Orthop Unfall 2020; 158(05): 466-474
DOI: 10.1055/a-0979-2384
Original Article/Originalarbeit

Die bilaterale Avulsionsfraktur der Tuberositas tibiae – klinische Ergebnisse einer seltenen Verletzung im Wachstumsalter

Article in several languages: English | deutsch
Francisco Fernandez Fernandez
1   Orthopädische Klinik, Olgahospital Stuttgart
,
Oliver Eberhardt
1   Orthopädische Klinik, Olgahospital Stuttgart
,
Steffen Schröter
2   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen
,
Thomas Wirth
1   Orthopädische Klinik, Olgahospital Stuttgart
,
Christoph Ihle
2   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen
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Zusammenfassung

Hintergrund Bei der Avulsionsfraktur der Tuberositas tibiae handelt es sich um eine seltene Verletzung im Wachstumsalter. Das simultane Auftreten der beidseitigen Verletzung ist eine Rarität. Langzeitkomplikationen im Sinne von Achsdeformitäten und Beinlängendifferenzen sind zu vermeiden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen klinische Ergebnisse der beidseitigen Verletzung anhand der bislang größten publizierten Fallserie dargestellt und mit klinischen Ergebnissen der einseitigen Verletzung verglichen werden.

Material und Methoden Alle Jugendlichen, die zwischen Januar 2009 und März 2019 monozentrisch an einer kindertraumatologischen Schwerpunktklinik aufgrund einer beidseitigen Avulsionsverletzung der Tuberositas tibiae behandelt wurden, konnten bis zum Schluss der Wachstumsfugen klinisch sowie radiologisch nachuntersucht werden. Das klinische Ergebnis wurde mittels Tegner-Aktivitätsscore sowie Lysholm-Gillquist-Score retrospektiv zum Zeitpunkt vor dem Unfall sowie zum Zeitpunkt der letzten Follow-up-Untersuchung bestimmt. Alle Frakturen wurden anhand der modifizierten Ogden-Klassifikation eingeteilt. Patientenspezifische Parameter wurden aus dem Krankenhausinformationssystem entnommen. Anhand einer Literaturrecherche wurden die Ergebnisse mit den bislang publizierten Fällen zur beidseitigen/einseitigen Verletzung verglichen.

Ergebnisse Vier Patienten (8 Fälle) konnten zur weiteren deskriptiven statistischen Auswertung eingeschlossen werden. Das Alter zum Unfallzeitpunkt betrug 14,5 ± 0,7 Jahre (13 – 15). Das letzte Follow-up erfolgte 13,6 ± 6,5 Monate (8 – 29) nach dem Unfallereignis bei Verschluss der Wachstumsfugen. Nach modifizierter Ogden-Klassifikation zeigte sich in 3 Fällen eine Typ-IV-Verletzung, in 4 Fällen eine Typ-III-Verletzung und in 1 Fall eine Typ-V-Verletzung. In allen Fällen erfolgte die unmittelbare operative Versorgung mittels Schrauben bzw. K-Draht-Osteosynthese. Es konnte in allen Fällen das Aktivitätslevel vor dem Unfallereignis wieder erreicht werden. Tegner-Aktivitätsscore sowie Lysholm-Gillquist-Score zeigten keine Veränderungen zum Ergebnis vor dem Unfallereignis.

Schlussfolgerung Mittels direkter operativer Versorgung im Sinne einer offenen oder geschlossenen Reposition und Stabilisierung mittels Schrauben- und/oder K-Draht-Osteosynthese können sehr gute klinische Ergebnisse mit voller Kniegelenkfunktion und geringen Komplikationsraten nach Schluss der Wachstumsfugen erzielt werden. Eine Rückkehr in die vorherige sportliche sowie Alltagaktivität ist zu erwarten. Im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Unfallursache sowie das klinische Ergebnis ergibt sich kein Unterschied zum in der Literatur beschriebenen unilateralen Verletzungsmuster.



Publication History

Article published online:
19 September 2019

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