Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(05): 321
DOI: 10.1055/a-1007-7562
Die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin informiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Hinterm Horizont geht’s weiter, zusammen sind wir stark“

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
17. Oktober 2019 (online)

29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin in Berlin

Als vor 50 Jahren in Berlin der 1. „Perinatalkongress“ von Erich Saling eröffnet wurde, hatte ein Fortbildungskongress im Vergleich zu heute sicher eine völlig andere Zielrichtung. Es gab damals weder Powerpoint-Präsentationen noch ein überall verfügbares Internet mit dem man „Dr. Google“ befragen konnte. Auch standen keine evidenzbasierten Leitlinien zur Verfügung. Kongresse spielten daher eine wichtige Rolle, wenn es darum ging, mit seinem Wissen „up to date“ zu sein.

Heute kann problemlos auf nationale und internationale Leitlinien zugegriffen werden. Bei speziellen Fragestellungen steht online die aktuelle Literatur zur Verfügung. Metanalysen von prospektiv randomisierten Studien helfen bei der Umsetzung einer optimalen individualisierten Therapie. Man ist nicht mehr auf das „eigene Bauchgefühl“ oder die subjektive Meinung von selbst ernannten Spezialisten angewiesen. Also wozu noch Kongresse ?

Das Kongressmotto „Hinter dem Horizont geht’s weiter“ beschreibt sehr gut, dass es nicht ausreicht, sich nur daran zu orientieren, was gerade im Blickfeld ist. Sondern es ist entscheidend, heute - mit Weitblick - die richtigen Weichen für eine optimale Entwicklung in der Perinatalmedizin zu stellen.

Neue Diagnosemöglichkeiten wie die „Omics-Technologien“, Gentherapien und Stammzelltherapien u.v.m. werden uns in Zukunft beschäftigen. Die Digitalisierung und der Einsatz der Künstlichen Intelligenz werden zentrale Zukunftsaufgaben sein, die sinnvoll in die Betreuung der uns anvertrauten Patienten eingebunden werden müssen. Der unkritische Einsatz von Analysen aus großen Datenmengen (Big Data) kann in Einzelfällen sogar den Tod des uns anvertrauten Patienten verursachen. Hier ist die gemeinsame Diskussion aller Berufsgruppen, die sich mit Perinatalmedizin befassen, gefragt, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Neben der Diskussion in den zahlreichen Vortrags- und Postersitzungen spielt dabei jedoch auch der persönliche Kontakt in den Pausen oder bei den Abendveranstaltungen eine wichtige Rolle. Das persönliche Gespräch ist weiterhin ein ganz entscheidender Faktor, um bei vielen komplexen Fragestellungen einen „Durchblick“ zu bekommen.

Das Zitat „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ beschreibt treffend, wie anspruchsvoll der Blick in die Zukunft ist. Das Zitat wird neben dem Komiker Karl Valentin, dem Politiker Winston Churchill, dem Autor Kurt Tucholsky, aber auch dem Naturwissenschaftler Nils Bohr zugeschrieben. Das zeigt, dass nicht nur Wissenschaftler mit dem Problem „Zukunft“ befasst sind, sondern dass auch Kultur und Politik einzubinden sind, wenn es darum geht, Weichen für die Zukunft zu stellen. Die Politik spielt für die Umsetzung einer guten Betreuungsqualität eine wichtige Rolle. Mit einer unzureichenden Finanzierung und wenig durchdachter Struktur der Kliniken ist keine optimale Qualität der medizinischen Betreuung möglich. Daher wird auf dem Kongress kritisch hinterfragt, ob die derzeitige Politik mit der Umsetzung von planungsrelevanten Qualitätsparametern nicht auf dem falschen Weg in die Zukunft unterwegs ist.

Zentrale Aufgabe des Kongresses ist aber auch, das derzeitige Wissensgebiet bis zum Horizont zu beleuchten. Dabei ist der wissenschaftlich vorhandene Horizont meist deutlich breiter und weiter als der individuelle Horizont der Einzelperson. Ist man zusätzlich kurzsichtig, was ja auch in jungen Jahren schon möglich ist, dann verschwinden am Horizont automatisch viele Details. Trotz Altersweitsichtigkeit sieht man zwar gut in die Ferne, Probleme vor Ort sind aber meist nicht mehr zuverlässig zu erkennen. Es macht daher Sinn, den „wissenschaftlichen Horizont“ im Rahmen eines Kongresses gemeinsam zu erweitern. Auf dem Kongress wird die ganze Bandbreite des Wissens bis zum Horizont ausgeleuchtet und aktuelle Literatur diskutiert, zusätzlich wird in zahlreichen Kursen die Möglichkeit geboten, seine handwerklichen Fähigkeiten zu verbessern.

„Zusammen sind wir stark“: Ein weiterer Vorteil des interdisziplinären Kongresses ist, dass hier die Fachbereiche Geburtshilfe – Neonatologie – Hebammenkunde gleichrangig vertreten sind.

Ein Kongress macht daher auch heute noch Sinn. Man bekommt einen zusammenfassenden Überblick über den derzeitigen Wissenstand. Der gemeinsame Blick hinter den Horizont hilft, die Weichenstellung für die nächsten Jahrzehnte richtig zu planen.

Im eigenen sowie im Namen des Kongresspräsidenten Rolf Schlößer sowie des Vorstandes der DGPM lade ich Sie herzlich zum Kongress für Perinatale Medizin vom 28.–30. November 2019 nach Berlin ein. Aktuelle Informationen erhalten Sie über www.dgpm-kongress.de

Mit kollegialen Grüßen

Prof. Dr. Franz Kainer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin