Pneumologie 2019; 73(12): 716-722
DOI: 10.1055/a-1039-7143
Positionspaper der DGP und des VPK
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Positionspapier zu Ursachen und Diagnostik der Beatmungsabhängigkeit sowie zu praktischer Durchführung und Abrechnung des Weaning-Prozesses

Erstellt von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Zusammenarbeit mit dem Verband pneumologischer Kliniken (VPK)Statement on Causes and Diagnostics of Ventilation Dependency as well as Implementation and Invoicing of the Weaning ProcessCompiled by the German Respiratory Society (DGP) and the Association of Pneumological Clinics (VPK)
J. Geiseler
1   Klinikum Vest, Medizinische Klinik IV, Pneumologie, Beatmungs- und Schlafmedizin, Marl
,
M. Westhoff
2   Lungenklinik Hemer, Hemer
,
D. Dellweg
3   Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft GmbH, Abteilung für Pneumologie II, Schmallenberg
,
T. Voshaar
4   Stiftung Krankenhaus Bethanien für die Grafschaft Moers, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Duisburg-Essen, Moers
,
M. Hetzel
5   Klinik für Pneumologie, Internistische Intensivmedizin, Beatmungsmedizin und Allgemeine Innere Medizin, Krankenhaus vom Roten Kreuz Bad Cannstatt GmbH, Stuttgart
,
M. Pfeifer
6   Zentrum für Pneumologie, Klinik Donaustauf, Donaustauf
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Dezember 2019 (online)

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Grund des vorliegenden Positionspapiers ist eine aktuelle juristische Diskussion über die Abrechenbarkeit von beatmungsfreien Intervallen im Rahmen einer akuten nichtinvasiven Beatmung über ca. 16 Stunden täglich bei einem Patienten mit Sepsis zur Vermeidung der Intubation. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hatte mit Verweis, dass eine Gewöhnung an die Beatmung, die Voraussetzung sei für eine Entwöhnung von der Beatmung, im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen sei, geurteilt, dass die beatmungsfreien Intervalle nicht zur Beatmungszeit hinzuzuzählen seien. Das Gericht folgte den Ausführungen eines Gutachters des MDK, dass für die Gewöhnung an Beatmung neben anderen Kriterien der Nachweis einer Hypo- bzw. Atrophie der Zwerchfellmuskulatur aufgrund von wissenschaftlichen Daten notwendig sei und damit dieser Nachweis von den Kliniken zu führen sei. Unter anderem wird auf die Vorgaben des Bundessozialgerichts (Nach den ausdrücklichen Darlegungen des BSG [19. 12. 2017, B 1 KR 18117 R, SozR 4 – 5562 § 9 Nr. 8] sind Spontanatmungsstunden nach Wortlaut und Regelungssystem der DKR lOOlh nur dann als Beatmungsstunden mitzuzählen, wenn der Wechsel von Beatmung und Spontanatmung in einer Phase der Entwöhnung erfolgt. Dies setzt eine vorherige Gewöhnung an die maschinelle Beatmung voraus) verwiesen.

Der Spruch des 11. Senats des Landes-Sozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart vom 23. 07. 2019 [L 11 KR 717/18 ZVW] interpretiert hierzu Studien und Untersuchungen, was weder wissenschaftlich, pathophysiologisch noch klinisch nachvollziehbar ist und nicht dem aktuellen wissenschaftlichen und klinischen Kenntnisstand entspricht. Darüber hinaus wird mit dem Begriff „Gewöhnung“ im Kontext der Beatmung von juristischer Seite ein Zustand neu dekliniert, den es in der Beatmungs-Medizin nicht gibt, da dieser, wie noch ausgeführt wird, nicht sinnig ist und es auch nicht sein kann.

Aufgrund der in diesem Urteil aufgestellten nicht zutreffenden Behauptungen zu wissenschaftlichen Aspekten des Weanings mit entsprechend finanziellen Implikationen für die Abrechnung der Kliniken sehen sich die DGP und der VPK zu der Publikation des folgenden Positionspapiers verpflichtet.