Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-1085-0245
Axilläre Lymphknotenmetastasen eines okkulten hormonrezeptornegativen Mammakarzinoms bei kontralateralem hormonrezeptorpositivem Zweitkarzinom
Publication History
Publication Date:
11 March 2020 (online)
Anamnese und präoperative Diagnostik
Eine 74-jährige Patientin stellte sich zur Zweitmeinung in unserem Brustzentrum vor. Sie hatte selbst vergrößerte Lymphknoten in der linken Axilla getastet. Im Rahmen der sich daran anschließenden externen senologischen Abklärung fielen mammografisch und sonografisch ein suspekter Herdbefund kontralateral, d. h. rechts oben außen, sowie, korrelierend zum Tastbefund, suspekte Lymphknoten links axillär auf. Die rechtsseitigen Lymphabflusswege sowie die linke Brust waren klinisch und bildgebend unauffällig.
Der suspekte Herdbefund rechts und die suspekten Lymphknoten links wurden jeweils unter sonografischer Führung mittels Core-cut-Biopsie histologisch gesichert. Rechts zeigten sich Anteile eines invasiven Mammakarzinoms (NST, G2) mit Luminal-B-Phänotyp (ER: 100 %, PgR: 100 %, Her2-Score: 0 + , Ki67: 60 %). In den linksseitigen Lymphknoten waren Infiltrate eines triple-negativen invasiven Mammakarzinoms nachzuweisen (ER 0 %, PgR 0 % (Her2neu-CISH: keine Amplifikation), Ki67: 10 %).
Daraufhin wurde eine Mamma-MRT-Untersuchung durchgeführt, die jedoch keinen zusätzlichen Aspekt ergab, insbesondere keinen Hinweis auf einen linksseitigen Primarius. Ungerichtete, fächerförmige Stanzbiopsien der linken Brust erbrachten ebenfalls keinen malignen pathologischen Befund. Die genaue Lokalisation und die Zahl der entnommenen Stanzbiopsien konnten retrospektiv nicht nachvollzogen werden. Es erfolgte keine Clipmarkierung.
Bei der Vorstellung in unserer Brustsprechstunde zeigte sich klinisch eine hämatöse Rötung der gesamten linken Brust im Z. n. multiplen fächerförmigen Stanzbiopsien. Das histologisch gesicherte Karzinom rechts sowie die suspekten Lymphknoten links waren palpabel und sonografisch nachvollziehbar ([ Abb. 1 ]). Bei der Zweitbefundung der externen Mammografie fiel rechtsseitig neben dem gesicherten Karzinom zusätzlich suspekter Mikrokalk retromamillär und nach medial ziehend mit einer Gesamtausdehnung von ca. 20 mm auf. Eine stereotaktische Vakuumbiopsie ergab Anteile eines gut differenzierten duktalen Carcinoma in situ (DCIS, kribriformer Typ, G1) mit assoziiertem Mikrokalk. Die Mammografie der Gegenseite zeigte außer den bekannten pathologischen Lymphknoten keinen auffälligen Befund ([ Abb. 2 ]).
Wir veranlassten zusätzlich eine erneute MRT-Untersuchung, da die extern durchgeführte MRT-Untersuchung aufgrund von Bewegungsartefakten eine eingeschränkte Aussagekraft zum Primariusnachweis aufwies. Neben den histologisch gesicherten Befunden zeigte sich links oben innen ein unklarer Herdbefund, der in der späteren sonografischen Korrelation eindeutig einem pulsierenden Gefäß entsprach ([ Abb. 3 ]). Außerdem zeigte sich neben den bekannten linksseitigen suspekten Lymphknoten ein suspekter Herdbefund im axillären Ausläufer links, der in der sonografischen Korrelation eindeutig als einer der bekannten pathologischen Lymphknoten identifiziert wurde. In den durchgeführten Staging-Untersuchungen (Knochenszintigrafie, CT Thorax/Abdomen) zeigte sich ein sonst regelrechter Lymphknotenstatus ohne Hinweis auf weitere Metastasen.
Nach Abschluss der präoperativen Diagnostik lagen somit ein histologisch gesichertes hormonrezeptorpositives invasives Mammakarzinom und ein zusätzliches DCIS rechts sowie eine histologisch gesicherte axilläre Metastasierung (triple-negativ) links vor. Ein Primarius auf der linken Seite wurde nicht gefunden, sodass zunächst von einem „Cancer of unknown primary“ (CUP) ausgegangen werden musste. Differenzialdiagnostisch kam auch eine kontralaterale Metastasierung des rechtsseitigen Karzinoms in Betracht, erschien aber aufgrund der unterschiedlichen Tumorbiologie unwahrscheinlich. Klinisch, mammografisch und in der MRT war die linke Brust – abgesehen von dem Hämatom im Z. n. Biopsie – unauffällig (insbesondere keine Überwärmung, kein Ödem oder sonstiger Hinweis auf Inflammation).
In der Interdisziplinären Tumorkonferenz wurden der Patientin die Mastektomie rechts nach sonografischer Drahtmarkierung mit Sentinel-Lymphonodektomie und die axilläre Lymphonodektomie links empfohlen.
Im Rahmen der rekonstruktiven Beratung äußerte die Patientin den Wunsch nach beidseitiger Mastektomie. Der Patientin wurde erläutert, dass auf der Grundlage der vorliegenden Diagnostik eine linksseitige Mastektomie formell nicht indiziert sei, aber im individuellen Konsens mit der Patientin unter Berücksichtigung der Risiko-Nutzen-Relation der Situation durchgeführt werden könne. Die Patientin entschloss sich zur beidseitigen Mastektomie, die komplikationslos durchgeführt wurde (rechts mit Sentinel-Lymphonodektomie, links mit axillärer Lymphonodektomie).