Sprache · Stimme · Gehör 2020; 44(02): 66-68
DOI: 10.1055/a-1089-0980
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Die Rolle von Prosodie in der Präferenz von Lautsprache bei Säuglingen

Linguistisch-prosodische Merkmale wie z. B. Tonhöhe, Intonation und Satzmelodie oder Sprechrhythmus werden in der ontogenetischen Entwicklung eines hörgesunden Kindes sehr früh verarbeitet. Bereits in der 36. Gestationswoche reagiert ein Fötus auf Wort- und Satzprosodie seiner Mutter, wenn sie ihm eine Geschichte „vorliest“ (Veränderung in seiner Herzschlagrate). Neugeborene zeigen ebenfalls physiologische Reaktionen, wenn sie die Stimme ihrer Mutter hören, was auf die vorgeburtlichen Erfahrungen mit der Muttersprache in utero zurückgeführt wird. Das könnte zugleich erklären, dass Kinder schon sehr früh Sprache als angenehm empfinden. Frühe Sensitivität für prosodische Signale wird nicht zuletzt durch das Faktum belegt, dass die neurale Aktivität des Gehirns auf Sprachreize mit verzerrter Prosodie hin abnimmt. Und werden gesprochene Sprachen gar rückwärts präsentiert, so dass die prosodischen Hinweise zur Segmentierung des kontinuierlichen Lautstroms entfallen, können Kinder im Alter von 2–3 Monaten diese nicht mehr unterscheiden. Kurzum: Die Hörwahrnehmung zu Lebensbeginn ist auf einen breiten Bereich akustisch-kommunikativer Töne ausgelegt: menschliche Vokalisation sowie die von nichtmenschlichen Primaten. Doch auch der Gesang von Vögeln transportiert prosodische Information, die der gesprochenen Sprache ähnelt und vielleicht ausreicht, um eine Vorliebe für nichtmenschliche Töne zu begründen. Dem ging nun eine Säuglingsstudie nach.

Fazit

Die Ergebnisse bestätigen die prominente Rolle von Prosodie in der frühen auditiven Verarbeitung und lassen annehmen, dass akustische Präferenzen von Säuglingen Vokalisationen mit bestimmten prosodischen Eigenschaften „privilegiert“ – unabhängig von deren biologischen Quelle, menschlich oder nichtmenschlich. Doch prosodisch rückwärts verzerrte Sprache ist für Säuglinge nicht attraktiv.
Kritisch muss angemerkt werden, dass die geringe Stichprobengröße eindeutige statistische Aussagen verhinderte.
Unklar, und Aufgabe zukünftiger Forschung bleibt es, ob Säuglinge durch die reiche prosodische Struktur des Vogelgesangs (insbesondere der Tonhöhe) angezogen werden oder vom neuen „Inhalt“ dieses Tonmaterials.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
16. Juni 2020

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