
Zusammenfassung
HELLP-Syndrom und die seltenere akute Schwangerschaftsfettleber (AFL) sind unvorhersehbare, lebensbedrohliche Komplikationen in der Schwangerschaft. Klinische und laborchemische Gemeinsamkeiten stellen den Geburtshelfer häufig vor eine differenzialdiagnostische Herausforderung. Bei beiden Erkrankungen besteht eine mikrovesikuläre Steatose unterschiedlicher Ausprägung. Ein spezifisches Risikoprofil ist für beide Entitäten bisher nicht bekannt. Als gemeinsame prädisponierende Faktoren gelten genetische Defekte in der mitochondrialen Fettsäureoxidation sowie Mehrlingsschwangerschaften. Die Diagnose AFL wird aus der Kombination klinischer Symptome und laborchemischer Befunde gestellt, die Swansea-Kriterien stellen dabei eine diagnostische Orientierung dar. Das HELLP-Syndrom ist eine laborchemische Diagnose aus der Trias Hämolyse, erhöhte Transaminasen und Thrombozytopenie < 100 G/l. Allgemeines Krankheitsgefühl, Übelkeit, Erbrechen und Abdominalschmerzen sind gemeinsame Symptome beider Erkrankungen, die eine frühe Diagnosestellung erschweren. Klinische Unterschiede bestehen in der beim HELLP-Syndrom fehlenden Polydipsie/Polyurie und dem bei AFL häufigeren und ausgeprägteren Ikterus, dem selteneren Auftreten von Hypertonie und Proteinurie sowie in der Entwicklung einer Enzephalopathie bei zunehmendem Leberversagen. Beim HELLP-Syndrom stehen neurologische Symptome wie starke Kopfschmerzen und Visusstörungen im Vordergrund. Laborchemisch ist die AFL durch die Leukozytose, die Hypoglykämie, die ausgeprägtere Hyperbilirubinämie, die initial fehlende Hämolyse und Thrombozytopenie < 100 G/l, die Verminderung der Antithrombin-Spiegel < 65% und die Verlängerung der Prothrombinzeit vom HELLP-Syndrom abzugrenzen. Während das HELLP-Syndrom in Schüben mit passageren Remissionen verlaufen kann, geht die AFL, sofern keine rasche Entbindung erfolgt, in ein akutes Leberversagen über. Die einzige kausale Therapie beider Erkrankungen ist die unverzügliche Entbindung. Beim HELLP-Syndrom wird zwischen der 24 + 0 – 33 + 6 SSW ein exspektatives Vorgehen empfohlen, sofern die Mutter stabilisierbar ist und keine fetale Gefährdung besteht. Die mütterliche Letalität beträgt beim HELLP-Syndrom in den Industrieländern ca. 1%, bei der AFL 1,8 – 18%, die perinatale Mortalität 7 – 20% bzw. 15 – 20%. Während bei der AFL die Langzeitauswirkungen auf Mutter und Kind bisher nicht geklärt sind, muss beim HELLP-Syndrom mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre, metabolische und neurologische Erkrankungen im späteren Leben gerechnet werden.
Schlüsselwörter
HELLP-Syndrom - akute Schwangerschaftsfettleber - Swansea- Kriterien - Differenzialdiagnose - Therapie und Prognose