Ernährung & Medizin 2020; 35(02): 49
DOI: 10.1055/a-1115-9184
Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser, …

Rima Obeid

Ernährung von Kindern geht über Hunger stillen hinaus

Die Ernährung hat eine physiologische, soziokulturelle, und nicht zuletzt ökologische Dimension angenommen, deren Ziel weit über die Befriedigung körperlicher Bedürfnisse hinausgeht. Eine pflanzenbasierte Ernährung, in strengerer Form eine vegane Ernährung, gilt als nachhaltig und umweltfreundlich. Jedoch bleibt noch umstritten, inwieweit eine pflanzenbasierte Ernährung gesund ist und wenn ja, dann stellt sich die Frage, für wen ist sie gesund? Der Beitrag von Wiederer et al. bestätigt die mehrfach in der Literatur beschriebenen neurologischen und hämatologischen Folgen bei Säuglingen und Kindern von veganen Müttern und warnt vor einer allgemeinen Empfehlung für diese Lebensweise vor und während der Schwangerschaft und im Kindesalter. Die Datenlage aus Studien zu Richtung und Ausmaß des Zusammenhangs zwischen vegetarischer oder veganer Ernährungsweise mit den Gesundheitsendpunkten ist nicht ausreichend oder sogar widersprüchlich. Im Gegensatz hierzu unterstützen die bisher verfügbaren Studien die mediterrane Diät als zu präferierende Ernährungsform für alle Frauen (insbesondere für bestimmte Risikogruppen) vor und während der Schwangerschaft. Der Zusammenhang zwischen der Ernährungsform der Mutter und der Gesundheit von Mutter und Kind unterliegt stark positiven, aber auch negativen Einflüssen von nichtdiätischen Lebensstilfaktoren, die selbst einen bewiesenen Einfluss auf die Gesundheit haben (z. B. Rauchen oder körperliche Aktivität).

Eine weitere Erklärung für den Zusammenhang zwischen Ernährungsform und Krankheitsrisiken könnte in den einzelnen Nahrungsmittelkomponenten liegen. In dem Beitrag von Frau Prof. Mathilde Kersting und Frau Susanne Voss zur „Ernährung von Kindern im Vorschulalter“ wird beschrieben, dass die Ernährung des Kleinkinds innerhalb der Familie mindestens drei Dimensionen hat: eine soziokulturelle, eine Entwicklungs- und eine langfristige Gesundheitsdimension. Also geht es letztendlich um die gezielte Wahl der Lebensmittel bzw. die Kombination von Lebensmitteln, aber auch um die seelischen Rahmenbedingungen. Die Optimierte Mischkost ist einfach durchführbar und zielt langfristig auf die Vermeidung von Übergewichtsproblemen im Kindes- und Jugendalter und auf die Vermeidung von kardiovaskulären Ereignissen im Erwachsenenalter ab.

Die Art der Ernährung ist Teil der Persönlichkeit, des Verhaltens, der Erziehung, der Bildung und möglicherweise auch des Erbguts, das schon im Mutterleib besteht und in den ersten Lebensjahren ausgeprägt wird. Es gibt theoretisch ebenso viele Formen der Ernährung, wie es Menschen auf der Erde gibt. Die vorhandenen Studien versuchen, diese Formen in Kategorien einzuordnen, um Zusammenhänge (idealerweise kausale Zusammenhänge) mit gesundheitlichen Endpunkten zu verstehen und Empfehlungen auszusprechen, über das, was gesund oder weniger gesund erscheint.

Ihre
Rima Obeid



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Article published online:
25 June 2020

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