Zusammenfassung
Hintergrund Der N. suprascapularis kann in seinem Verlauf an verschiedenen Stellen komprimiert werden. Ein (proximales) Kompressionssyndrom spezifisch in der Incisura scapulae führt häufig zu dorsalen Schulterschmerzen und zu einer simultanen Kraftabschwächung des Infraspinatus- und Supraspinatusmuskels. Durch Durchtrennung des Lig. transversum kann dieses Kompressionssyndrom behandelt werden. Die vorliegende Arbeit analysiert durch einen systematischen Review das motorische Erholungspotenzial nach arthroskopischer Dekompression.
Material und Methoden Es wurde eine systematische Durchsicht der Datenbank der U. S. National Library of Medicine/National Institutes of Health (PubMed) und der Cochrane Library unter Anwendung der PRISMA-Checkliste durchgeführt. Als Suchwörter dienten „suprascapular“ und „arthroscopic“; „suprascapular“ und „arthroscopy“. Anhand der evaluierten Literatur wurden Artikel mit zumindest anteiligen arthroskopischen Fallserien ab 4 Fällen bei Kompressionssyndrom mit einer arthroskopischen Dekompression des N. suprascapularis in der Incisura scapulae in englischer Sprache identifiziert. Eine motorische Erholung des Nervs wurde beschrieben anhand von EMG, klinischem Kraftgrad und MRT.
Ergebnisse Es wurden primär 408 Treffer generiert. Sechs Artikel entsprachen den Einschlusskriterien und wurden weitergehend inhaltlich analysiert. Die arthroskopische Fallzahl lag zwischen 4 und maximal 27. Der Evidenzlevel lag zwischen III und IV. Die berichteten klinischen Ergebnisse waren mehrheitlich gut. Eine motorische Erholung, gemessen mittels EMG, wurde beobachtet, eine Wiedererlangung des vollständigen Kraftgrades in der Mehrzahl der berichteten Fälle nicht (60%), eine Rückbildung von strukturellen (fettigen) Degenerationen der Muskelbäuche ebenso wenig.
Diskussion Die arthroskopische Dekompression des N. suprascapularis in der Incisura scapulae sorgt für klinisch gute Ergebnisse und erhebliche Schmerzerleichterung. Sie führt in der Mehrzahl der Fälle aber nicht zu einer kompletten Erholung des Kraftgrades der Supra- und Infraspinatusmuskulatur. Hierüber sollten Patienten aufgeklärt werden. Eine frühe Dekompression bei klinischer Diagnose bei proximaler Kompression in der Incisura scapulae und leichten Veränderungen im EMG oder MRT erscheint sinnvoll. Diese beginnenden Veränderungen sollten weiter definiert werden. Zukünftige Studien sollten zudem prognostische Kriterien für das Erholungspotenzial des N. suprascapularis entwickeln. Die Awareness hinsichtlich der Diagnose muss wegen der wahrscheinlich zeitabhängigen Irreversibilität der Muskelschwäche erhöht werden.
Schlüsselwörter N. suprascapularis - Incisura scapulae - Dekompression - Erholung - arthroskopisch