Augenheilkunde up2date 2020; 10(03): 259-278
DOI: 10.1055/a-1128-8784
Netzhaut, Glaskörper, Augenhintergrund

Tumoren und Pseudotumoren der Netzhaut und des Ziliarepithels

Tumors and Pseudotumors of the Retina and the Ciliary Epithelium
Eva Biewald
,
Sabrina Schlüter
,
Tobias Kiefer
,
Sami Dalbah
,
Norbert Bornfeld
,
Nikolaos E. Bechrakis

Zusammenfassung

Die Varietät retinaler Tumoren reicht von harmlosen Läsionen über benigne, lokal destruierende Tumoren bis hin zu lebensbedrohlichen Erkrankungen. Nicht immer lassen sie sich einfach voneinander unterscheiden. Die Diagnose sollte nach Möglichkeit klinisch gestellt werden wegen der Gefahr einer Tumorzellverschleppung durch invasive Diagnostik. Jedoch rückt die genetische Charakterisierung der Läsion immer mehr in den Vordergrund. Je nach Entität ist eine Therapie in einem spezialisierten Zentrum notwendig.

Abstract

The variety of retinal tumors ranges from harmless lesions to benign, locally destructive tumors and life-threatening diseases, and they are not always easy to distinguish from each other. The differential diagnosis includes real neoplasia, reactive inflammatory pathologies and vascular anomalies of the fundus as well. If possible, the diagnosis should be made clinically in order to avoid the danger of tumor cell spread via invasive diagnostic tools. Nevertheless, genetic analysis of the pathology is gaining more importance and adds to the precise characterization of the diagnosis. Depending on the tumor entity, therapy in a specialized center is necessary.

Kernaussagen
  • Das Retinoblastom ist der häufigste maligne intraokulare Tumor und stellt unbehandelt eine lebensgefährliche Erkrankung dar. Eine Behandlung in einem spezialisierten Zentrum ist dringend erforderlich und kann in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund einen langfristigen Augenerhalt ermöglichen. Eine genetische Beratung ist immer erforderlich.

  • Der Morbus Coats ist eine seltene, unilaterale, benigne Erkrankung im Kindesalter, die in Frühstadien gut behandelbar ist. In Spätstadien ist er die wichtigste Differenzialdiagnose zum Retinoblastom.

  • Vasoproliferative Tumoren sind benigne, können aber durch ausgeprägte Exsudationen starke Visusbeeinträchtigungen verursachen. Die Brachytherapie und die PDT stellen effektive Behandlungsmöglichkeit dar.

  • Retinale kapilläre Hämangioblastome sind häufig mit einem Von-Hippel-Lindau-Syndrom assoziiert, und die Betroffenen können auch lebensbedrohliche Angiome im ZNS und anderen Organen aufweisen. Eine interdisziplinäre Behandlung ist daher zwingend erforderlich. Eine frühe Behandlung der retinalen Hämangioblastome ist entscheidend, um schwerwiegende intraokulare Komplikationen zu vermeiden, die häufig bei der Behandlung fortgeschrittener Formen auftreten können.

  • Medulloepitheliome sind lokal destruierend wachsende Tumoren, die aufgrund ihrer peripheren Lokalisation oft nur unter skleraler Eindellung sichtbar sind. In seltenen Fällen liegt eine maligne Entartung vor, welche auch zu Fernmetastasen führen kann.

  • Beidseitige Astrozytome sind am ehesten mit einer tuberösen Sklerose (TSC) assoziiert.

  • Kongenitale Hypertrophien des RPE sind benigne Läsionen, jedoch kann das Auftreten von multifokalen atypischen Manifestationen ein Hinweis auf die Präkanzerose eines Kolonkarzinoms sein.



Publication History

Article published online:
10 August 2020

Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York