Notaufnahme up2date 2021; 3(01): 31-46
DOI: 10.1055/a-1163-5459
Organisation und Management in der Notaufnahme

Interprofessionelle und interdisziplinäre Teamarbeit in der Notaufnahme: Mehr als die Summe ihrer Teile

Jens Mersmann

Dies ist kein Beitrag über psychologische Profile von medizinischen Berufsgruppen. Es geht um mögliche Bedingungen des Scheiterns und Gelingens eines interprofessionellen und interdisziplinären Teamworks in der Notaufnahme – und es geht um Sie!

Kernaussagen
  • Notaufnahme ist ein klinischer Hochrisikobereich mit hoher Komplexität und situativer Dynamik, nicht nur in (Over-)Crowding-Situationen.

  • Vermeidbare unerwünschte Ereignisse sind selten monokausal und werden von einem Versagen unterschiedlicher Sicherheitsbarrieren begleitet. Mangelnde Teamfähigkeit kann Fehlversorgungen begünstigen oder begründen.

  • Teamwork ist mehr als die Summe seiner einzelnen Teile, vernetzt fachliche Expertise und komplementäre Kompetenzbereiche, lässt erweiterte Ressourcen und Interventionsmöglichkeiten im Entscheidungs- und Behandlungsprozess entstehen.

  • Medizinische Fehlhypothesen können selbstregulatorisch korrigiert werden. Eine vertrauensvolle Kultur in der Zusammenarbeit fördert, Bedenken zu äußern und umgekehrt auch sanktionsfrei zuzulassen.

  • Offenes und wertschätzendes Kommunikationsverhalten mit konstruktivem Feedback schafft Voraussetzungen für ein gelingendes Teamwork – dysfunktionales Kommunikationsverhalten konterkariert ein kooperatives Teamwork für eine sichere Notfallversorgung.

  • Ein strukturierter Fluss von „Routineinformationen“ entlastet und unterstützt den individuellen wie auch gemeinsamen Workflow von Behandlungsteams.

  • Teamtrainings der Technical und Non-technical Skills sind eine wichtige Stellschraube für ein erfolgreiches Teamwork mit gemeinsamen mentalen Modellen. Interprofessionelle Teams sollten auch interprofessionell trainieren.

  • Briefings und Debriefings fungieren als Kompass im gemeinsamen Teamhandeln.

  • Zielgerichtetes Führungshandeln kombiniert individuelle Personalentwicklung mit systematischer Teamentwicklung, beteiligt an Entscheidungsprozessen und überträgt Verantwortlichkeiten. Gestaltungsspielräume sind motivierend und steigern ein gemeinsames Commitment nachhaltig.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
14. Januar 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

 
  • Literatur

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