Neurologie up2date 2021; 04(03): 255-268
DOI: 10.1055/a-1163-6472
Kopfschmerz und andere Schmerzsyndrome

Trigeminoautonome Kopfschmerzen

Steffen Nägel
,
Torsten Kraya
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Im Vergleich zur Migräne und zum Kopfschmerz vom Spannungstyp sind trigeminoautonome Kopfschmerzen (TAK) zwar selten, aber die erhebliche Beeinträchtigung und die nicht unerhebliche Prävalenz [1] (z. B. Clusterkopfschmerz 0,1 %) machen TAK zu wichtigen Diagnosen. Die korrekte Diagnosestellung erfolgt allerdings leider oft verzögert. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über das diagnostische Vorgehen und die therapeutischen Möglichkeiten bei TAK.

Kernaussagen
  • Trigeminoautonome Kopfschmerzen sind charakterisiert durch streng einseitige Kopfschmerzen mit ipsilateralen trigeminoautonomen Begleitsymptomen.

  • Die Basisdiagnostik bei Patienten mit trigeminoautonomen Kopfschmerzen umfasst neben der Anamnese, neurologische Untersuchung mit dezidierter Beurteilung der Hirnnerven auch eine cMRT mit Gefäßdarstellung.

  • Der Clusterkopfschmerz verläuft meist episodisch und hat in aktiven Episoden eine durchschnittliche Attackendauer von 45–90 Minuten und eine durchschnittliche Attackenfrequenz von ca. 1- bis 3-mal/Tag.

  • Zur Akuttherapie wird beim Clusterkopfschmerz hochdosierter Sauerstoff und parenterale Triptane (nasal oder s. c.), zur Prophylaxe oft Verapamil eingesetzt.

  • Die Hauptdifferenzialdiagnosen des Clusterkopfschmerzes sind Migräne und paroxysmale Hemikranie. Meist hilft die Dauer der Attacke zur Differenzierung am besten. Attacken > 4 h sprechen für eine streng einseitige Migräne (ggf. mit trigeminoautonomen Symptomen). Kurze Attacken sprechen für eine paroxysmale Hemikranie.

  • Die paroxysmale Hemikranie ist in den meisten Fällen (85 %) durch einen chronischen Verlauf und das therapeutische Ansprechen auf Indometacin gekennzeichnet.

  • Die wichtigste Differenzialdiagnose des SUNCT-Syndroms ist die Trigeminusneuralgie. Wichtige Unterscheidungskriterien sind das schlechte Ansprechen auf Carbamazepin, die fehlende Refraktärperiode, die längere Dauer der Attacken, die autonomen Symptome und die Manifestation im 1. Trigeminusast.

  • Typisch für die Hemicrania continua sind einseitige über mindestens 3 Monate bestehende Kopfschmerzen mit undulierenden Schmerzintensität und ipsilateralen trigeminoautonomen Begleitsymptomen.

  • Die Bandbreite von möglichen Ursachen für die symptomatischen Formen ist sehr breit und reicht von intrakraniellen Tumoren (vor allem der Hypophyse und des Sinus cavernosus), Gefäßmalformationen bis hin zu Dissektionen und Entzündungen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
08. September 2021

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