Phlebologie 2020; 49(04): 242-248
DOI: 10.1055/a-1191-8380
Originalarbeit

Lichtblattmikroskopie-basierte 3-dimensionale Histopathologie des Lymphgefäßsystems beim Emberger-Syndrom

Article in several languages: English | deutsch
René Hägerling
Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik, Charité-Universitätsmedizin Berlin
› Author Affiliations
Zoom Image

Zusammenfassung

Einleitung Lymphovaskuläre Erkrankungen stellen eine heterogene Gruppe von Erkrankungen dar, die sowohl genetische als auch nichtgenetische Ursachen haben und in der zugrunde liegenden Pathologie und Pathogenese sowie in der Symptomatik sehr variieren können. Innerhalb der Gruppe der angeborenen lymphovaskulären Erkrankungen stellt das Emberger-Syndrom eine Ursache für bilaterale Beinlymphödeme dar, die obere Extremität ist hingegen in der Regel nicht betroffen.

Um die erkrankungsassoziierten histopathologischen Veränderungen im Vergleich zum Gesunden und histologische Unterschiede zwischen der oberen und unteren Extremität zu identifizieren und neue Einblicke in die Pathogenese zu erhalten, ist eine detaillierte Kenntnis der 3-dimensionalen Gewebe- und Gefäßarchitektur essenziell. Dies ist jedoch mittels des aktuellen histologischen Goldstandards, der 2-dimensionalen Histologie, nur sehr limitiert möglich.

Material und Methoden Um die zugrunde liegende Pathologie auf zellulärer Ebene zu identifizieren, nutzten wir das 3-dimensionale Visualisierungs- und Analyseverfahren VIPAR (volume information-based histopathological analysis by 3D reconstruction and data extraction). Hierbei handelt es sich um eine Lichtblattmikroskopie-basierte optische Schnittbildgebung von kompletten, intakten immunfluoreszenzgefärbten Gewebebiopsien. Im Anschluss an eine 3-dimensionale Rekonstruktion der optischen Schnittbilder erfolgt eine automatische bzw. semiautomatische Analyse verschiedener Gefäßparameter im 3-dimensionalen Raum.

Ergebnisse Es sollten Hautgewebeproben beim Emberger-Syndrom analysiert werden, um das vorwiegende Auftreten eines bilateralen Beinlymphödems bei regelhaftem Fehlen eines Armlymphödems zu untersuchen.

Mittels des VIPAR-Ansatzes wurden hierzu Gewebebiopsien der oberen und unteren Extremität bei Patienten mit Emberger-Syndrom untersucht. Es konnte bei den untersuchten Hautbiopsien gezeigt werden, dass das dermale lymphatische Gefäßnetzwerk der oberen und unteren Extremität intakt und somit nicht disruptiert war. Im Vergleich zur unteren Extremität, die jeweils ein hypoplastisches Gefäßnetzwerk sowie ein Fehlen der Lymphgefäßklappen in den lymphatischen Präkollektoren und Kollektoren aufwies, zeigten sich in der oberen Extremität keine numerischen oder morphologischen Unterschiede der Gefäßklappen im Vergleich zu einer Kontrollprobe.

Fazit Durch die 3-dimensionale histopathologische Untersuchung war es möglich, die Lymphgefäße der oberen und unteren Extremität beim Emberger-Syndrom detailliert zu beschreiben und die ursächliche vaskuläre Pathologie zu identifizieren. Ferner zeigten sich bei den untersuchten Proben anatomische Unterschiede zwischen oberer und unterer Extremität, die auf eine vaskuläre Heterogenität der dermalen Lymphgefäße hindeuten und somit die regelhafte Limitation des Lymphödems auf die untere Extremität erklären können.



Publication History

Article published online:
21 August 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York