Zusammenfassung
Ziel der Studie Noch immer bilden Kooperationen zwischen
medizinisch-therapeutischen Einrichtungen und Betrieben sowie
arbeitsplatzbezogene Interventionen für Beschäftigte mit
psychischen Krisen und Erkrankungen Ausnahmen in der nationalen Versorgung. Die
vorliegende Studie untersucht einige dieser Ausnahmen mit dem Ziel, ihre
Vernetzungsformen und (Be-)Handlungsansätze zu beschreiben, ihre
Stärken und Grenzen zu identifizieren und so wichtige Hinweise zu ihrer
Weiterentwicklung und Dissemination zu geben.
Methodik Auf Basis einer Onlinerecherche wurden 5 Angebote
ausgewählt. Anschließend wurden 11 Gruppendiskussionen und 17
Interviews mit den in diese Angebote involvierten betrieblichen und
überbetrieblichen Akteuren (n=44) sowie mit Betroffenen
(n=27) durchgeführt und mittels dokumentarischer Methode der
Interpretation bzw. qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet.
Ergebnisse Es ließen sich 2 (Be-)Handlungsansätze und
Vernetzungsformen identifizieren. Ein individuumsbezogener
Selbstmanagementansatz und ein systemischer Fallmanagementansatz. Im Fokus des
ersten Ansatzes steht die Frage, was der Betroffene tun muss, um an seinen
Arbeitsplatz zurückkehren zu können, der zweite Ansatz fragt
zusätzlich danach, was hierfür am Arbeitsplatz getan werden
kann. Geprägt werden die Ansätze u. a. durch die
(be-)handlungsleitenden Orientierungsrahmen der beteiligten Akteure, wie
z. B. deren Annahmen zur Veränderbarkeit arbeitsbezogener
Risikofaktoren. Die größte Stärke des
individuumsbezogenen Ansatzes liegt in der Stärkung der Selbstsorge,
seine größte Begrenzung im einseitigen Fokus auf die
individuelle (An-)Passung und der damit einhergehenden Gefahr der
Individualisierung von Erkrankung, Ursachen und Bewältigung. Der
systemische Ansatz verspricht Nachhaltigkeit durch die Kombination
individuumsbezogener und betrieblicher Maßnahmen. Die Herausforderung
hier besteht darin, die richtige Balance zwischen individueller Selbst- und
betrieblicher Fürsorge zu finden.
Schlussfolgerung Die Ergebnisse zeigen, wie psychisch erkrankte
Beschäftigte mittels vernetzter und arbeitsplatzbezogener Angebote bei
ihrer Wiedereingliederung unterstützt werden können. Sie zeigen
jedoch auch, an welche Grenzen bisherige Ansätze stoßen und
geben damit wichtige Hinweise für deren Weiterentwicklung und
Dissemination.
Abstract
Purpose Work-related interventions and alliances between healthcare
institutions and companies that aim to support employees with common mental
disorders (CMD) returning to work are still quite rare in Germany. The present
study examines a small sample of existing alliances and interventions with the
aim to describe their cooperation forms and treatment approaches, to identify
their strengths and weaknesses, and thus to provide guidance for their further
development and dissemination.
Methods Five alliances/interventions were selected on the basis
of a web search. Subsequently 11 group discussions and 17 qualitative interviews
with involved health care professionals and occupational stakeholders
(n=44) as well as employees with CMD (n=17) were conducted and
evaluated by documentary method and qualitative content analysis.
Results The examined interventions follow either a person oriented
self-management or a systemic case management approach. The self-management
approach focusses on what has to be done by the person him-/herself to
get back to work (focus on individual adaption). The systemic approach
additionally asks for workplace adaption. Which approach is chosen, depends
inter alia on the involved actors’ preconscious frames of orientation,
i. e. their assumptions regarding the modifiability of work-related risk
factors. The main strength of the self-management approach lies in its ability
to reinforce self-care, its main shortcoming in the one-sided focus on
individual adaption and the risk of individualizing the disease, its causes and
coverage. The systemic approach seems to be more sustainable through the
combination of individual and workplace adaptions. The challenge here is to find
an appropriate balance between individual self-care and occupational health
care.
Conclusion The findings show how the RTW of employees with CMD can be
supported by more collaborative and work-related interventions. However, they
also reveal limits and barriers of existing interventions and therefore provide
useful hints for their further development and dissemination.
Schlüsselwörter betriebliche Wiedereingliederung - psychische Erkrankungen - qualitative Forschung
Key words return to work - common mental disorders - qualitative research