Dtsch Med Wochenschr 2020; 145(24): 1728-1734
DOI: 10.1055/a-1198-3639
Klinischer Fortschritt
Angiologie

Thromboembolische Komplikationen bei COVID-19

Thromboembolic Complications in COVID-19
Stephanie Müller
Medizinische Klinik 1, Bereich Hämatologie und Hämostaseologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden
,
Jan Beyer-Westendorf
Medizinische Klinik 1, Bereich Hämatologie und Hämostaseologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden
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Laborchemische Gerinnungsauffälligkeiten bei COVID-19 COVID-19-Patienten weisen häufig stark erhöhte D-Dimer-Werte auf. Die Höhe und der Verlauf scheinen mit dem Krankheitsverlauf und der Prognose zu korrelieren. Bei signifikanter Erhöhung sollte eine medikamentöse Thromboseprophylaxe erwogen werden. Der Verlauf der Prothrombinfragmente F1 + F2 scheint ebenfalls mit dem klinischen Verlauf zu korrelieren und könnte bei Verfügbarkeit zur Verlaufsbeurteilung der Gerinnungsaktivierung mit herangezogen werden. Thrombozytopenien bei COVID-19-Erkrankten sind häufig, sollten jedoch mittels weiterführender Diagnostik auf Differenzialdiagnosen geprüft werden.

Risiko thromboembolischer Komplikationen bei COVID-19 COVID-19-Erkrankte haben ein deutlich erhöhtes Risiko für venöse und arterielle thromboembolische Ereignisse, und insbesondere intensivmedizinisch betreute Patienten bedürfen einer engmaschigen Kontrolle. Bestehende Algorithmen zur Diagnostik einer Lungenarterienembolie können wegen der sehr häufigen Konstellation „pulmonale Symptome + erhöhte D-Dimere“ bei COVID-19 nur eingeschränkt angewendet werden und bedürfen einer Anpassung an diese Erkrankung. Bei Lungenarterienembolien handelt es sich wahrscheinlich um lokal entstandene „Immunothrombosen“, was bei der Befundinterpretation einer pulmonalen Bildgebung zu beachten ist.

Empfehlungen zur Thromboseprophylaxe bei COVID-19 Aufgrund des überdurchschnittlich hohen VTE-Risikos hospitalisierter COVID-19-Patienten sollte eine leitliniengerechte Thromboseprophylaxe unbedingt durchgeführt werden – bei Patienten mit besonders hohem Basisrisiko sollten höhere Heparindosierungen, posthospitale Verlängerungen und ggf. sogar primär ambulante Thromboseprophylaxestrategien erwogen werden. Eine bereits vor der COVID-19-Erkrankung etablierte Antikoagulationstherapie (bspw. für Vorhofflimmern oder frühere VTE) sollte fortgeführt werden.

Abstract

COVID-19 represents a clinical situation that lacks precedence and clinical experience. It introduces a number of pitfalls in well-established clinical routines and poses unique challenges to diagnostic pathways. This review discusses the current evidence on the thromboembolic risk of COVID-19 patients, the recommendations for thromboprophylaxis and the relevance of abnormal coagulation tests. Pathophysiological concepts are discussed and practical solutions and current guidance recommendations are presented.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
30. November 2020

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