Zusammenfassung/Abstract
Die zunehmend an Bedeutung gewinnenden Patient reported Outcome and Experience Measures (PROMs/PREMs) können in allen chirurgischen Disziplinen zusätzlich zu den klassischen harten
Endpunkten wie z. B. Überlebenskurven und Implantatestandzeiten wichtige Informationen zu Qualitätsindikatoren oder Entscheidungshilfen zu konkurrierenden Therapieverfahren liefern. Dies
gilt ebenso für die Evaluation neuer Therapiekonzepte wie für Vergleiche klassisch offener Zugangswege und minimalinvasiver bzw. endoskopischer Verfahren z. B. im Hinblick auf geringere
Zugangsmorbidität und schnellere Rehabilitation vs. höherem Komplikationsrisiko, aber auch der Risiko-Nutzen-Bewertung der Verlängerung der Lebenszeit einerseits auf Kosten einer
Beeinträchtigung der Lebensqualität andererseits.
Diesem Zusatznutzen steht ein notwendiger Ressourceneinsatz (Personal- und Sachkosten für Postversand oder für eine Onlineerhebung in Form von Entwicklungs-, Bereitstellungs- oder Lizenz-
und Servicekosten) gegenüber, der sich nur bedingt beeinflussen lässt (z. B. Portokosten für eine Vollerhebung vs. repräsentative Stichprobe). Die zentrale Voraussetzung für den
erfolgreichen Einsatz von PROMs und PREMs ist jedoch, dass geeignete, sprachlich und inhaltlich validierte Erhebungsinstrumente verfügbar sind oder durch einen Validierungsprozess zur
Verfügung gestellt werden können.
Für den Einsatz von PROMs bei konkurrierenden Therapieansätzen findet sich bereits eine Reihe von Beispielen, die wertvolle Unterstützung bieten und sich im Klinikalltag etabliert haben. So
können sie bei belastenden Therapieansätze in der chirurgischen Tumortherapie bei Entscheidungen über ein verbessertes Überleben bei starker Belastung vs. dem Erhalt oder sogar Zugewinn an
Lebensqualität unterstützen. In der onkologischen Mammachirurgie steht die Lebensqualität bei brusterhaltendem Vorgehen häufig der Überlebenszeit bezogen auf das TU-Stadium bei Ablation
gegenüber. Ebenso gilt es bei Prostatakarzinompatienten, immer wieder zwischen invasiver Therapie und Verlaufsbeobachtung (Überleben vs. Inkontinenz und Potenzstörungen) zu entscheiden. In
der Orthopädie/Unfallchirurgie gibt es bei einer Reihe von Eingriffen häufig eine Alternative, z. B. Sprunggelenkendoprothesen vs. Arthrodesen oder inverse Schulterprothesen vs.
Osteosynthese bei schultergelenknahen Humerusfrakturen.
Aber auch bei der Evaluation neuer Therapiekonzepte (z. B. der subjektive Aspekt einer früheren Wiedererlangung der Selbstständigkeit durch Einführung neuer Nachbehandlungskonzepte/sog.
Fast-Track-Reha) sind PROMs und PREMS wichtige Werkzeuge.
Welche Belastungen kann und will ein Patient auf sich nehmen für wenige Monate mehr Lebenszeit? Sind konkurrierende Therapieverfahren auch aus Sicht der Patienten gleichwertig? Wie erleben
Patienten Diagnostik- und Therapieangebote? Kann die Analyse der Patientenperspektive einen Paradigmenwechsel bewirken? PROMs und PREMs können wertvolle Antworten auf zentrale Fragen der
chirurgischen Versorgung geben.