Z Orthop Unfall 2022; 160(01): 93-98
DOI: 10.1055/a-1246-3615
Original Article/Originalarbeit

Eine Pilotuntersuchung zur Machbarkeit der Videosprechstunde bei muskuloskelettalen Beschwerden des Kniegelenks

Article in several languages: English | deutsch
Sebastian Scheidt##
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
,
Michael Kehrer
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
,
Max Jaenisch
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
,
Hans Goost
2   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Wermelskirchen Hospital, Germany
,
Dieter Christian Wirtz
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
,
Christof Burger
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
,
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
,
Kristian Welle##
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
,
Matthias D. Wimmer
1   Department of Orthpaedics and Trauma Surgery, Bonn University Medical Centre, Germany
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund In Zeiten einer pandemischen Bedrohungslage, wie bei COVID-19, und der Notwendigkeit reduzierter direkter Arzt-Patienten-Kontakte rückte die internetbasierte Videotelefonie mehr und mehr als Ersatzserviceleistung in den Fokus. Um individuellen oder gesamtwirtschaftlichen Problemen entgegenzuwirken, darf die Erkennung und Behandlung anderer Erkrankungen keine längerfristige Unterbrechung erfahren. In kurzer Zeit stieg der Bedarf alternativer Methoden zur Patientenbetreuung. Bisherige telemedizinische Einsatzgebiete lagen vor allem im Bereich der radiologischen Befundung, der Nachsorge und des Monitorings psychiatrischer und internistischer Erkrankungen sowie geriatrischer Patientenbetreuung. Studien zur Einsatzmöglichkeit für eine orthopädisch-unfallchirurgische Untersuchung des Kniegelenks existieren nach Autoreninformationen bislang nicht. Wie sich der Einsatz einer Videosprechstunde in der speziellen Anwendung für die Anamnese und Untersuchung bei Beschwerden des Kniegelenks konzipieren und umsetzen lässt, soll im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie erarbeitet werden.

Material und Methodik 21 Schauspielpatienten (SP) mit simulierten Beschwerden des Kniegelenks wurden für jede Diagnose einzeln zunächst über Videotelefonie und anschließend im direkten Kontakt durch einen Facharzt (FA) untersucht. Eine Gruppe der SP war medizinisch vorgebildet, die andere bestand aus Laien. Von beiden Untersuchungseinheiten wurde die Zeit gemessen. Die erkannten Symptome, die patientenseitige Durchführungsqualität der Eigenuntersuchungsschritte und die abgeleitete Diagnose wurde auf einem Bewertungsbogen durch den Arzt dokumentiert. Die SPs erhielten zum Abschluss beider Untersuchungseinheiten einen Bewertungsbogen zur jeweiligen Untersuchungsmethodik.

Ergebnisse Die Untersuchungseinheit der Videosprechstunde dauerte im Mittel 8,63 (± 2,5) min, die der normalen Sprechstunde 5,63 (± 1,7) min (p < 0,001). Die Dauer der Videountersuchung zeigte für die Gruppe mit medizinischem Vorwissen einen Wert von 7,67 (± 1,4) min, wohingegen die Untersuchung der Laiengruppe im Mittel 9,7 (± 3,1) min dauerte (p = 0,049). Ein höheres Alter verlängerte die Dauer der Videountersuchung (p = 0,032; r = 0,47). Im Mittel wurden 9,32 (± 0,4) von 10 Punkten für die Eigenuntersuchungen der Beinachse, des Gangbildes und der Freiheitsgrade erreicht. Niedrigere Mittelwerte erreichten die Funktionstests: Payr-Test 7,2 (± 2,3) Punkte, Merke-Test 5,9 (± 2,8) Punkte, No-touch-Lachmann-Test 6,4 (± 2,7) Punkte, Gravity-Sign-Recurvatum-Test 6,7 (± 2,4) Punkte. Die Durchführbarkeit der Eigenuntersuchungen bewerteten die SP im Mittel mit 2,43 (± 0,98) von 5 Punkten.

Schlussfolgerung Die Videosprechstunde für muskuloskelettale Beschwerden des Kniegelenks ermöglicht eine orientierende Fernuntersuchung und hilft, das Patientenaufkommen in Kliniken und Praxen zu minimieren. Sie geht mit einem zeitlichen Mehraufwand für den Arzt einher und findet ihre Limitierung in den Funktionstests der Kniebinnenstrukturen. Die telemedizinische Untersuchung ersetzt in der heutigen Form keine persönliche Sprechstunde.

# Die korrespondierenden Autoren sind S. Scheidt und K. Welle.




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Article published online:
24 November 2020

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