Pneumologie 2020; 74(10): 695-696
DOI: 10.1055/a-1255-3824
Nachruf

Nachruf Prof. Dr. Dr. Claus Kroegel

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Prof. Dr. Dr. Claus Kroegel, Quelle: privat.

Plötzlich und unerwartet starb am 20. Juli 2020 Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Claus Kroegel im Alter von nur 64 Jahren. In ihm verliert die deutsche Pneumologie einen herausragenden Arzt, akademischen Lehrer und Forscher.

Claus Kroegel wurde am 4. Oktober 1955 in Hanau am Main geboren und besuchte dort die Grundschule und das Gymnasium. Schon seine Abiturarbeit über die Carnivoren – fleischfressende Pflanzen – ließ sein großes Interesse an den Naturwissenschaften erkennen. Von 1975 – 1982 studierte er Medizin, Biologie und Psychologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Dort wurde er 1984 zum Dr. med. promoviert mit einer experimentellen Arbeit über die Bedeutung der Membranphospholipide bei der Zellaktivierung des eosinophilen Granulozyten (Doktorvater Prof. Dr. W. König, Bochum). Mit dieser Dissertation wurde seine anhaltende Begeisterung für den Eosinophilen entfacht, was sich in zahlreichen Originalarbeiten und Übersichtsartikeln zur Pathophysiologie und klinischen Bedeutung des Eosinophilen bei verschiedensten Lungenerkrankungen niederschlug. Auch seine Promotionsarbeit zum Dr. rer. nat. im Rahmen eines Ausbildungsstipendiums der DFG von 1987 – 1989 am Royal Brompton Hospital der University of London bei Prof. P. J. Barnes befasste sich mit der Molekularbiologie des Eosinophilen, insbesondere den Signaltransduktionsmechanismen der PAF-induzierten Aktivierung.

Seine Ausbildung zum Internisten erfolgte 1982 – 1987 in der 1. Medizinischen Klinik der Universität Mainz bei Prof. K.-H. Meyer zum Büschenfelde. Zur Weiterbildung in der Pneumologie und Allergologie wechselte er 1987 als wissenschaftlicher Assistent an die Abteilung für Pneumologie der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg zu Prof. Heinrich Matthys. Dort legte er 1992 seine Habilitationsschrift vor, die den eosinophilen Granulozyten als zytotoxische Effektorzelle zum Thema hatte. Er war der achte von insgesamt 14 Mitarbeitern, die sich im äußerst anregenden, offenen und diskussionsfreudigen Umfeld bei Heinrich Matthys habilitieren konnten. Unterbrochen wurde die Freiburger Zeit von 1989 – 1990 durch ein Fellowship-Stipendium der Johns-Hopkins-University Baltimore/USA im Asthma and Allergy Center von Prof. L. M. Lichtenstein, wo er die Rolle des Eosinophilen beim Asthma untersuchte.

Von 1994 – 1996 war er auf einer C2-Professur als leitender Oberarzt der Abteilung Pneumologie in Freiburg tätig. 1994 erhielt er einen Ruf auf die C3-Professur für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Pneumologie und Allergologie der Universität Frankfurt am Main, welchen er 1995 ablehnte unter gleichzeitiger Annahme des Rufs auf die C3-Professur für Innere Medizin/Pneumologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Seit 1996 leitete Claus Kroegel die neu eingerichtete Abteilung für Pneumologie am Universitätsklinikum in Jena, die er nach neuesten Erkenntnissen mit viel Anstrengung und Geschick zu einem modernen Zentrum für Lungen- und Atemwegserkrankungen aufbaute. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit lagen auf dem Gebiet des Asthmas und allergischer Erkrankungen, der bildgebenden Diagnostik mittels Ultraschall, der Ursachen der Raucherbronchitis und der Entstehung und Behandlung von Lungenfibrosen. In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen erhielt er den Dissertationspreis der Boehringer-Ingelheim-Stiftung für die jahrgangsbeste Dissertation, den Ludwig-Heilmeier-Preis der Gesellschaft für Fortschritte auf dem Gebiet der Inneren Medizin, den Förderpreis der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, den Karl-Hansen-Preis der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie, den Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Zytologie, um hier nur die wichtigsten zu nennen. Seine Arbeitsgruppe war in der Forschung sehr erfolgreich und wurde auch mit mehreren Preisen und Auszeichnungen gewürdigt.

In der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie engagierte sich Claus Kroegel in vielen Bereichen, u. a. war er an den Empfehlungen zur diagnostischen bronchoalveolären Lavage, zur Asthma-Therapie bei Kindern und Erwachsenen, am Weißbuch Lunge 2000, an den deutschen Leitlinien/Clearing-Verfahren zum Asthma und zur COPD sowie an der Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma bronchiale beteiligt. Von 2002 – 2004 war er Präsident der Mitteldeutschen Gesellschaft für Pneumologie. In besonderer Erinnerung wird er als Präsident des 42. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie in Jena bleiben. Im Jahre 2001 konnte er diesen noch in Räumen und Hörsälen der Universität ausrichten und war nicht auf ein großes Kongresszentrum angewiesen, was der Tagung eine ganz spezielle akademische Note verlieh.

Als Hochschullehrer in Jena wurde er von den Studierenden und seinen zahlreichen Doktoranden äußerst geschätzt. Sein didaktisches Geschick fand Eingang in das Konzept des 2014 erschienenen Buchs „Klinische Pneumologie“, welches als Referenzwerk für Klinik und Praxis durch seine individuelle Handschrift geprägt ist. Persönlich war ich mit ihm seit unserer Freiburger Zeit mehr als 30 Jahre lang freundschaftlich verbunden. Der Höhepunkt unseres gemeinsamen Schaffens war sicherlich die Verwirklichung des von ihm konzipierten Lehrbuchs, wir hatten uns über den Erfolg gefreut und waren nun inmitten der Bearbeitung der Neuauflage, als Claus so plötzlich von uns gerissen wurde.

Claus Kroegel war ein besonders wertvoller, sensibler und nachdenklicher Mensch, geprägt von intellektueller Neugier und großem Fleiß bei persönlicher Bescheidenheit und Zurückhaltung. Begleitet und unterstützt in all seinen Aktivitäten wurde er während vieler Jahre von seiner Ehefrau Ulrike, die als Leiterin der kindernephrologichen Sektion am Uniklinikum Jena seine Wirkungsstätte teilte und ihm als verständnisvolle Partnerin auf vielen Ebenen verbunden war. Ausgeprägt war seine Liebe zur Musik. Mit der ungewöhnlichen Fähigkeit der Synästhesie (Verkopplung der Sinne) geboren, nahm er die Töne der Musik vor dem inneren Auge unwillkürlich auch als verschiedene Farben und geometrische Formen wahr. Entspannung von den beruflichen Herausforderungen fand er gemeinsam mit Ulrike in ihrem als Paradies empfundenen Weimarer Zuhause sowie im Urlaub am Comer See, dessen südliche Atmosphäre durch die besondere Gestaltung des eigenen Gartens nach Weimar gebracht wurde.

Wir trauern um eine große Persönlichkeit, einen ausgezeichneten Arzt, hervorragenden akademischen Lehrer, Forscher und Berater. Er wird uns als unvergesslicher Kollege und verständnisvoller Freund in Erinnerung bleiben.

Ulrich Costabel, Essen

Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Ulrich Costabel
Ruhrlandklinik
– Universitätsklinik –
Tüschener Weg 40
45239 Essen
ulrich.costabel@rlk.uk-essen.de



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Article published online:
15 October 2020

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